Walter Tevis – Der Mann, der vom Himmel fiel.

Ein Klassiker in neuer Übersetzung (von pociao und Roberto de Hollanda) wieder aufgelegt bei Diogenes: „Der Mann, der vom Himmel fiel“ von Walter Tevis – sehr zu empfehlen und von einer unglaublichen Aktualität…

Nachdem ich es nie geschafft habe, die Verfilmung von 1976 in der Regie von Nicolas Roeg zu sehen, muss ich das wohl endlich nachholen, denn liest man diesen Science-Fiction-Klassiker, so ist eines klar: David Bowie ist definitiv die Idealbesetzung für die Rolle des Thomas Jerome Newton. Wie schon bei „Das Damengambit“, dem spannenden Roman über die suchtgefährdete Schachspielerin Beth Harmon (von 1983), schafft es Tevis den Leser von der ersten Seite an zu packen. Es ist das Thema, es sind die Figuren und es ist das Geheimnisvolle der Hauptfigur, dessen Hintergrund man zwar erahnt, dieser aber erst nach und nach aufgedeckt wird. Ein absoluter Pageturner.

Nachdem seine Heimat zu wüstem Ödland geworden ist, plant Thomas Jerome Newton eine umfängliche Rettungsaktion. Überraschend taucht er in Kentucky auf, freundet sich mit dem neugierigen Nathan Bryce an und verdreht der aufgeweckten Betty Jo den Kopf. Der Fremde ist nicht nur intelligenter als seine Mitmenschen, sondern auch im Besitz fortschrittlicher Technologien, mit denen er schnell Millionen verdient. Allem Geld zum Trotz findet sich Newton schnell in einer Abwärtsspirale aus Einsamkeit, Depression und Alkohol wieder. Kann er seine Heimat retten? Ein eindringliches Buch darüber, was es bedeutet, Mensch zu sein. (Diogenes Verlag)

Es ist fast schon erschreckend, wie uns dieser Roman den Spiegel vorhält, offenbar wird die Menschheit nicht klüger. Man fühlt mit Newton, man kann ihn verstehen, aber zum Sympathieträger wird er nicht, vielmehr erschreckt man über die realitätsnahe Schilderung der Bedrohung seines Planeten – in Zeiten des Klimawandels auf der Erde umso mehr. Es ist aber auch eine Beschreibung der amerikanischen Oberflächlichkeit, der Staatshörigkeit, dem planlosen Ausführen der Befehlskette, ohne Nachdenken, ohne Selbstreflexion. Erschütternd, wie dieser Roman von 1963 unsere heutige Zeit auf den Punkt bringt. Natürlich ist „Der Mann, der vom Himmel fiel“ Science Fiction, also eher nicht mein Genre, dennoch eine absolut spannende und sehr empfehlenswerte Lektüre, die uns viel über Einsamkeit erzählt und darüber, wie wir Menschen agieren, mit den sich permanent wiederholenden Handlungsmustern, Fehlern und letztendlich auch der traurigen Erkenntnis, dass unser Planet wohl langfristig nicht zu retten sein wird.

„Der Mann, der vom Himmel fiel“ von Walter Tevis, 2022 (ursprünglich 1963), Diogenes Verlag, ISBN: 978-3-257-07197-9  (Werbung)

Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Diogenes Verlag sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.

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