Durch die Netflix-Serie in aller Munde, aber bereits 1983 erschienen: „Das Damengambit“ von Walter Tevis, ein packender Roman über die Königsklasse der Brettspiele, Leidenschaft und Suchtverhalten im Amerika der 50er Jahre…
Tevis (1928 – 1984) ist kein unbekannter Autor, einige seiner Romane wurden bereits hochkarätig und erfolgreich verfilmt: „Haie der Großstadt“, „Die Farbe des Geldes“ oder „Der Mann, der vom Himmel fiel“ (mit David Bowie). Nun also „Das Damengambit“ als Miniserie auf Netflix, Grund genug von Diogenes, den Roman neu aufzulegen. Etwas schade, aber aus Marketingsicht verständlich, dass ausgerechnet die Hauptdarstellerin der Serie das Cover ziert. Gleich vorneweg, ich bin kein Serienjunkie und habe die Serie nicht gesehen, so wie ich äusserst selten Literaturverfilmungen sehe, in der Regel ist eben das Original unerreichbar. „Das Damengambit“ packt gleich zu Beginn. Das liegt an der interessanten Hauptfigur, aber auch an dem für mich gänzlich unbekannten Thema Schach.
Mit acht entdeckt Beth Harmon im Waisenhaus zwei Möglichkeiten, der harten Realität zu entfliehen: die grünen Beruhigungspillen, die den Kindern täglich verabreicht werden. Und Schach. Das Mädchen ist ein Ausnahmetalent und gewinnt Turnier um Turnier, mit 16 spielt sie gegen lauter erwachsene Männer um die US-Meisterschaft. Ihr Weg führt steil nach oben, doch bei jedem Schritt droht der Abgrund von Sucht und Selbstzerstörung. Denn für Beth steht viel mehr auf dem Spiel als Sieg und Niederlage. (Diogenes Verlag)
Tevis schafft es, selbst die Langsamkeit mancher Schachpartien in einen Thriller zu verwandeln und das obwohl bei den meisten Lesern wohl nicht einmal Grundkenntnisse dieser Königsdisziplin an Brettspielen vorhanden sind und wenn doch, so ist es sicherlich interessant diese ganze Partien zu verfolgen. Als Leser erfährt man sehr viel über das Spiel, seine Geschichte und Eröffnungs-, Mittel- und Endspiel, sei es u.a. die spanische Eröffnung oder eben das titelgebende Damengambit. Man muss sich als Leser zunächst etwas Zeit geben, in diese Terminologie einzutauchen, dann aber hat man irgendwann das Gefühl, in dieser doch sehr eigenen Welt anzukommen und den Thrill der Turniere mitzuerleben. Obwohl seitenweise die einzelnen Turniere geschildert werden und viele Züge ausführlich erklärt und offensichtlich sehr gut recherchiert sind, wird das auch für Schach-Laien nicht langweilig, man wundert sich eher über die Komplexität dieses Spieles, das hätte ich so nicht erwartet. Und taucht ganz darin ein. Auch sonst hat der Roman viel zu bieten mit seiner komplexen Hauptfigur Beth Harmon, deren Herkunft und das nicht einfache Leben, komplex auch ihr Suchtverhalten und der doch immer vorhandene eiserne Wille zu siegen. „Das Damengambit“ – ich kann diesen Roman sehr empfehlen!
„Das Damengambit“ von Walter Tevis, 2021 (im Original 1983), Diogenes Verlag, ISBN: 978-3-257-07161-0 (Werbung)
Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Diogenes Verlag sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.
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Danke für die sehr interessante Rezension. Obwohl ich selten Serien schaue, habe ich mir diese Miniserie angeschaut und es nicht bereut.
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Ich bin eher kein Serien-Gucker – es gibt ganz wenige, an denen ich wirklich hängen geblieben bin, mag auch keine literarischen Verfilmungen, sie reichen meist nie an die Vorlage heran. Herzlichst aus Zürich. A.
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Cool. Ein Klassiker. Bin gespannt.
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Viel Lesevergnügen wünsche ich Dir – wenn man sich auf diese Schachwelt und diese ganzen Partien einlässt, dann ist das wirklich ein toller Roman, ich war eher skeptisch, dann aber doch begeistert….herzlichst aus Zürich. A.
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