Jede Neuerscheinung des Schweizer Autors Lukas Hartmann lässt mein Herz höher schlagen – so auch bei der Lektüre des neuen Romans „Ins Unbekannte“, der Ende September 2022 erschienen ist…
„Ins Unbekannte“ mit dem Untertitel „Die Geschichte von Sabina und Fritz“ ist irritierenderweise nicht die Geschichte der Beiden, sie lernen sich nie kennen, begegnen sich nur ein einziges mal unwissentlich auf Zürichs Strassen während einer Demonstration. Und doch stehen die zwei Protagonisten im Mittelpunkt, deren Lebensläufe viele Parallelen aufweisen, sie sind zielgerichtet in ihren Handlungen und wissen was sie wollen. Für beide gibt es lebenslang eine zentrale Figur, die selbst viele Jahre nach der letzten Begegnung immer noch in deren Gedanken mitschwingt – C. G. Jung im Leben Sabina Spielreins und Lenin bei Fritz Platten.
Sabina kommt aus Russland nach Zürich, um sich in der psychiatrischen Klinik von Dr. C.G. Jung behandeln zu lassen. Und wird seine Geliebte. Fritz, der Sohn eines Schreiners, träumt von einer besseren Gesellschaft, bringt die Schweiz an den Rand einer Revolution und rettet Lenin in Russland das Leben. Beide sind sie mutig, widersprüchlich, zerrissen, betreten unaufhörlich Neuland. Ihre Schicksale kreuzen, spiegeln sich – und verlieren sich im Dunkel der europäischen Geschichte. (Diogenes Verlag)
Der Roman ist ein spezielles Konstrukt mit diesen beiden quer geschnittenen Biografien in einer Zeit des Umbruches, sowohl in Russland als auch am ganzen europäischen Kontinent. So ist das immer mit Hartmanns Büchern: In Romanform verpackte spannende Themen, interessante Persönlichkeiten, von denen man teilweise nie zuvor gehört hat und ein Einblick in das Zeitgeschehen einer Epoche, wie etwa bei „Der Sänger“ (über den Tenor Joseph Schmidt) oder in „Schattentanz“ über der Art Brut Maler und Musiker Louis Soutter. Fritz Platten (1892-1942) war ein Schweizer Kommunist, der die Rückkehr Lenins zurück nach Russland nach der Oktoberrevolution aus dem Schweizer Exil organisierte, er emigrierte selbst mit seiner Familie nach Russland, kam dort später jedoch in Lagerhaft und wurde 1942 im Anschluss an seine Haftzeit erschossen. Sabina Spielrein (1885-1942), Tochter eines russisch-jüdischen vermögenden Kaufmanns aus Rostow, war Patientin und Schülerin C. G. Jungs und die erste Frau, die mit einer psychoanalytischen Arbeit promoviert wurde. Sie wurde gemeinsam mit 25000 weiteren jüdischen Einwohnern (darunter auch ihre beiden Töchter) im August 1942 von deutschen Soldaten nach der Einnahme der Stadt Rostow zusammengetrieben und in der Schlangenschlucht erschossen. Wirklich lesenswerte Lektüre!
„Ins Unbekannte“ von Lukas Hartmann, 2022, Diogenes Verlag, ISBN: 978-3-257-07205-1 (Werbung)
Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Diogenes Verlag sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.
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Bin gespannt. Habe bisher erst «Bis ans Ende der Meere» von ihm gelesen.
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Ich mag seine Romane sehr. Kann ich wirklich empfehlen!
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Bei der Kurzzusammenfassung der Biographien musste ich schon hart schlucken. Diese grausame Zeit …
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Ja, allerdings………
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halL’o ARCimboldiS(cusi mioa mania del gioco)
So unbekannt Ihnen/Dir
https://christian-erdmann.com/aljoscha-der-idiot/
ist M 😉 mag ich es gerne empfehlen
einfach anfragen und es kommt postwendend
liebe Grüße
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