L’Olimpiade – Oper Zürich 16.03.2022

Der Pandemie zum Opfer gefallen, nun als interessante Mischung aus Filmdokument und live gesungenen Arien im Zürcher Opernhaus zu sehen und zu hören – die selten gespielte Barock-Oper „L’Olimpiade“ von Giovanni Battista Pergolesi….

Aus der Not dieser Absage kurz vor der Premiere haben der Regisseur DAVID MARTON und die Filmerin SONJA AUFDERKLAMM nun einen ganz speziellen Abend erschaffen. Es ist ein Experiment, ein Zeitdokument, in dem alte Menschen im Mittelpunkt stehen – sie sind die „Stars“ der Produktion. Im Seniorenheim Oase in Rümlang gedreht, entstand ein sehr bewegender Dokumentarfilm – vollkommen losgelöst von Pergolesis Opernhandlung (und das ist wohl auch gut so, wenn man sich die eigentliche Handlung der Oper durchliest…). Die Beiden besuchten alte Menschen, spielten ihnen Pergolesis Musik vor und sprachen mit ihnen über die in den Arien vorkommenden Themen. Sehr offen plauderten diese dann über ihr oftmals sehr bewegtes und bewegendes Leben, dabei wurden keine Themen ausgeklammert und so hört man auch sehr intime Schilderungen von Flucht und Vertreibung, Missbrauch und unerfüllten Träumen, aber trotz des teilweise hohen Alters ist immer noch Hoffnung vorhanden, explizite Wünsche werden genannt. Das ist oftmals sehr erheiternd, stellenweise löst es tiefe Betroffenheit und grosses Mitgefühl aus. Die hochvirtuosen Arien tragen dazu bei, dass einige sehr emotionale Momente entstehen, auch wenn die zweistündige Produktion durchaus ihre Längen hat und dreissig Minuten weniger dem Abend sicherlich gut getan hätten. Langweilig wird es immer dann, wenn es keine Filmsequenzen hat. Stattdessen gibt es bewegungsarmes, statuarisches Barockmusiktheater, das zwar mit seiner Archaik ein wenig an Bob Wilson erinnert und mit der Fresken-Opera im Hintergrund kurz betört, der Effekt aber auch sehr schnell verpufft Hier schaut man schon mal etwas häufiger auf die Uhr und wünscht sich, dass es doch vorangehen möge. Dennoch – aus dem Graben und auf der Bühne wird hochkarätig musiziert. Am Pult steht der ausgewiesene und sehr erfahrene Dirigent und Cembalist OTTAVIO DANTONE, der mit Pergolesis Werk offenbar sehr vertraut ist und in Zürich bereits mehrfach zu erleben war („L’incoronazione di Poppea“, „Cosi fan tutte“ oder „La verità in cimento“ ). Es musiziert das ORCHESTRA LA SCINTILLA, auf der Bühne steht ein hochkarätiges Ensemble: CARLO ALLEMANO, JOÉLLE HARVEY, LAUREN SNOUFFER, THOMAS ERLANK, DELPHINE GALOU – alle grossartig disponiert, besonders erwähnenswert allerdings ANNA BONITATIBUS und VIVICA GENOUX – bravi! Fazit: Eine interessante Mischung aus hervorragend musizierter Barockmusik, berührenden und sehr persönlichen Einblicken in das Leben fremder Menschen, ein Hauch zu lang, aber sehr sehenswert.

Zuletzt besuchte Musiktheater-Vorstellungen:

Die Mühle von Saint Pain – Theater Basel 06.03.2022

Dialogues des Carmélites – Oper Zürich 27.02.2022

Dialogues des Carmélites – Premiere Oper Zürich 13.02.2022

Cavalleria Rusticana/Pagliacci – Oper Zürich 26.01.2022

Don Giovanni – Oper Zürich 25.01.2022

Das Rheingold – Bühnen Bern 06.01.2022

„L’Auberge du Cheval blanc“ – Opéra de Lausanne 31.12.2021

„Anna Bolena“ Premiere – Oper Zürich 05.12.2021

„Il Trovatore“ – Oper Zürich 28.10.2021

„Salome“ – Oper Zürich 17.10.2021

„Œdipe“ – Opéra National de Paris 11.10.2021

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