Clarice Lispector – Aber es wird regnen.

In Südamerika ganz gross, in Europa eher unbekannt – die Autorin Clarice Lispector. Im Herbst 2020 erschien der zweite Band der Sammlung ihrer Short-Stories auf Deutsch, abermals geheimnisvoll und immer wieder überraschend, ein interessantes Lese-Erlebnis!

Obschon vor vielen Jahren entstanden, haben diese Texte eine unglaubliche Modernität und passen ganz hervorragend in unsere Zeit, sie sind surreal und rätselhaft und mit ihren vielen Wendungen immer wieder für eine Überraschung gut. Dem Leser stellt sich oft die Frage, ob es die Realität zeigt oder man sich gerade in einer weiteren mystischen Traumsequenz befindet.

Zum 100. Geburtstag der Autorin liegt nun der zweite und letzte Band vor. Auch er zeigt die brasilianische Ausnahmeautorin wieder als einzigartige Chronistin des weiblichen Lebens und seiner Abgründe: Eine junge Frau entdeckt nach vielen Demütigungen das ekstatische Glück des Lesens. Ein Hausmädchen versinkt in traurigen Gedanken, um gestärkt in den Alltag zurückzukehren. Eine Beobachterin taucht in fremde Menschen ein und wird zu deren Fleisch. In 44 Geschichten, entstanden auf dem Höhepunkt ihrer literarischen Karriere und für diese Ausgabe von Luis Ruby neu übersetzt, paaren sich widersprüchlichste Gefühle und kühne Bilder mit philosophischer Erkenntnis. Lispector macht uns staunen – nicht zuletzt über die Kompliziertheit des Lebens. (Penguin Verlag)

Es sind eher Miniaturen als Kurzgeschichten und oftmals auch nur flüchtige Momentaufnahmen, festgehaltene obskure Begegnungen und Erlebnisse, aber genau das macht den Reiz dieser Texte aus. Man muss dies auch alles gar nicht grossartig hinterfragen, sondern sie einfach als das nehmen, was sie sind. Und den Voyeurismus geniessen! Oftmals wird Clarice Lispector mit Virginia Woolf verglichen, in gewisser Hinsicht stimmt das, sind ihre Texte ähnlich geheimnisvoll, rätselhaft, ja stellenweise verstörend. Eine aufregende Autorin, die man unbedingt entdecken sollte. Clarice Lispector starb 1977 mit nur 57 Jahren in Rio de Janeiro.

„Aber es wird regnen“ von Clarice Lispector, 2020, Penguin Verlag, ISDN: 78-3-328-60095-4 (Werbung)

Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Penguin Verlag (Randomhouse) sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.

Zuletzt gelesen:

Benedict Wells – Hard Land

Sara Mesa – Quasi

Eduard von Keyserling – Wellen

Tarjei Vesaas – Die Vögel

Charles Lewinsky – Der Halbbart

Nina Gladitz – Leni Riefenstahl: Karriere einer Täterin

100 Jahre Highsmith & Dürrenmatt: 2 Biografien

Bernhard Schlink – Abschiedsfarben

Nana Kwame Adjei-Brenyah – Friday Black

Joachim B. Schmidt – Kalmann

Ann Petry – The Street

13 Kommentare

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