Dieser Roman des niederländischen Schriftstellers Ilja Leonard Pfeijffer ist der schlimmste Fehlkauf seit langer Zeit. Selten habe ich mich über ein Buch so aufgeregt wie über „Grand-Hotel Europa“…
Nach meiner letzten Lektüre, dem gestochen klar und brilliant geschriebenen neuen Roman „Eurotrash“ von Christian Kracht, erscheinen die schwülstig-barocken und mit viel zu viel Adjektiven überladenen Sätze von Pfeijffer unerträglich, dennoch müht man sich durch die ersten Kapitel, denn die Beschreibung der Handlung und einige Rezensionen machen grosse Lust auf „Grand-Hotel Europa“:
Ein junger Page, Abdul, empfängt den Schriftsteller auf den Marmorstufen des Eingangsportals, über dem in goldenen Lettern der Name „Grand Hotel Europa“ zu lesen ist. Sie rauchen eine erste Zigarette und kommen miteinander ins Gespräch. Der Schriftsteller spricht von Venedig und von Clio, seiner großen Liebe, die ihn verlassen hat. Nun ist er hier, bezieht sein Zimmer in diesem geheimnisvollen Hotel, und während er die eleganten Gäste kennenlernt, fragt er sich, wie er Clio zurückgewinnen kann. – „Grand Hotel Europa“ erzählt von einem alten Kontinent, auf dem vor lauter Geschichte kein Raum für die Zukunft ist und die einzige Perspektive der Tourismus. Es ist ein Roman über unsere europäische Identität und die Nostalgie am Ende einer Ära. (Piper Verlag)
Doch was im Klappentext grossartig und spannend klingt – nicht die Liebesgeschichte, sondern der Blick auf Europa – entpuppt sich schnell als eine grosse Enttäuschung, aber erst nach 70 Seiten lege ich das Buch beiseite. Ich habe dem Roman wirklich eine Chance gegeben, doch ich ertrage diesen grässlichen Chauvinismus nicht mehr, ich halte diese frauenverachtenden, sexistischen Beschreibungen des Ich-Erzählers – der Autor Ilja Leonard Pfeijffer himself – keinesfalls noch länger aus. Beschreibungen wie etwa: „Der wahre Grund für meinen Besuch im Palazzo Ducato war die Vortragende, eine recht berühmte angloitalienische Historikerin mit Namen Deborah Dribble. Ich kannte sie. Vor ein paar Jahren hatte ich …. eine kurze, vergnügliche Affäre mit ihr und jenen ihrer Körperteile gehabt, die eine recht üppige Ausgestaltung ihrer Initialen darstellen“ lassen mich als Leser wirklich genervt mit den Augen rollen (aaah – Doppel-D!), es folgen explizite Fick-Beschreibungen aus seiner schmuddeligen Wohnung oder dem Museums-WC – ich bin alles andere als prüde, aber das ist die Schreibe eines alten weissen Macho-Mannes mit überbordenden Klischees und grauenhaften Plattitüden. Danke. Ich verzichte auf den Rest des Buches, auch wenn auf den nachfolgenden 500 Seiten vielleicht noch gute Literatur kommen sollte. Nein Danke! Weg damit!
„Grand-Hotel Europa“ von Ilja Leonard Pfeijffer, 2020, Piper Verlag
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