Was für ein fulminantes Konzert! Rudolf Buchbinder spielt Beethoven! Kein Wunder sind alle drei Konzerte nahezu ausverkauft. Man muss es erlebt haben…
Das Konzert eröffnet Arvo Pärts wunderbares Stück „Cantus in Memory of Benjamin Britten“ für Streichorchester und Glocke, eine Hommage an Britten von 1977. Ein idealer beruhigender, fast schon transzendentaler Einstieg in den Konzertabend. Wunderbare Ruhe tönt von den Streichern, nur ab und an von der Trauerglocke unterbrochen. Das Publikum ist gebannt und ergriffen, nicht der kleinste Hustenanfall ist zu vernehmen. Wundervoll! Und mit Paavo Järvi als grosser Pärt-Kenner, -Freund und -Dirigent natürlich in den allerbesten Händen. Ein Werk, an dem man sich immer wieder erfreut und das wohl auch deshalb seinen Platz im Konzertrepertoire gefunden hat. RUDOLF BUCHBINDER, ein ausgewiesener Spezialist, wenn es um Beethovens Klavierwerke geht, macht das Konzert dann zum Ereignis. Seine mit einer Leichtigkeit gespielten Triller und chromatischen Läufe sind einfach unglaublich in diesem so anspruchsvollen 4. Klavierkonzert Beethovens und gemeinsam mit PAAVO JÄRVI und dem TONHALLE ORCHESTER ist dies wirklich ein denkwürdiges Konzert, an das man sich noch lange erinnern wird.
Arvo Pärt: „Cantus in Memory of Benjamin Britten“ für Streichorchester und Glocke – Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58 – Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 6 A-Dur
Nach der Pause dann erneut ein wuchtiges Bruckner-Monster. Aber die gewaltige 8. Sinfonie (zuletzt 2015 hier in Zürich unter Kent Nagano gehört) macht selbst mir grosse Freude und ich bin bekanntermassen kein grosser Fan dieser katholischen Bombast-Musik. Mitreisend natürlich im Kopfsatz das stark akzentuierte Hauptthema, anschliessend fast schon versöhnend das eher helle Adagio mit seiner feierlichen Grundstimmung. Immer wieder schön natürlich die „Liebestod“-Zitate aus Wagners „Tristan und Isolde“ im letzten Satz. Seltsamerweise bleibt der zweite Teil des Konzertes eher blass in Erinnerung, während Bruckners Musik sonst immer alles überlagert und den Zuhörer fast schon erschlägt. Järvis Tempi ist es dann zu verdanken, dass der Abend nicht übermässig lang erscheint – man kennt ja weitaus längere Interpretationen! Der Schlussapplaus ist lange nicht so euphorisch, wie zur Pause nach Buchbinders fulminanten Vortrag mit Standing Ovations und dem Finale der „Sturm“-Sonate Beethovens (Sonate Nr. 17 d-moll) als Zugabe. Zu stark bleibt diese wundervolle Beethoven-Interpretation haften, da kann der opulente Bruckner nicht mithalten. Wow! Was für ein tolles Konzert!
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