Zum Ausklang des Jahres 2022 noch ein letztes energiegeladenes Konzert mit KRZYSZTOF URBAŃSKI am Pult des bestens gelaunten Tonhalle Orchesters Zürich und einem spannenden Programm. Nach den letztjährigen Jahresenden 2021 mit der köstlichen Produktion „L’Auberge de Cheval Blanc“ an der Opéara de Lausanne, 2019 mit „Martha“ an der Oper Frankfurt und der pandemiebedingten Pause 2020, nun also 2022 ein tolles Silvesterkonzert in der Tonhalle Zürich mit seiner immer wieder formidablen Akustik…
Guldas Konzert für Violoncello und Blasorchester ist etwas ganz Spezielles und gleichzeitig so Lustvolles – ein genreübergreifendes Œuvre, musikalisch eine bunte und schillernde Melange aus härteren Rockanklängen, alpenländischer volkstümlicher Musik, Jazz und klassischer Musik. Bereits der erste kraftvoll rockige Satz mit den lyrischen Zwischenspielen nimmt den Zuhörer mit auf diese ganz besondere und gut dreissig Minuten dauernde musikalische Reise. Typisch Gulda, der nicht nur als Komponist und Pianist, sondern auch als Mensch wohl immer unangepasst und schillernd war: antibürgerlich und in seiner Arbeit kompromisslos – ein Pionier des musikalischen „Crossover“. Für das Tonhalle Orchester Zürich ist dieses Konzert eine Erstaufführung und mit dem wunderbaren Krzyzstof Urbanski am Pult und dem unglaublich virtuosen Cellisten MAXIMILIAN HORNUNG ist es eine kraftvolle Konzerteröffnung, der man gebannt folgt – Urbanski beim Dirigat zu beobachten ist sowieso immer sehenswert, diese Hingabe an die Musik, zu sehen, wie er förmlich eintaucht und in den Werken aufgeht, das ist schon ein ganz spezielles Erlebnis, da macht es immer Sinn seitlich vom Orchesterpodium zu sitzen, damit man ihn von vorne sehen kann. Ihn und seine Mimik, seine Gestik, seine grosse Freude und Sinnlichkeit beim Dirigieren. Hornung spielt das Konzert mit seiner vielfältigen Stilistik und einer fast schon rasenden Kadenz hochkonzentriert und lustvoll. Bei diesem Werk ist das wohl auch nicht anders möglich.
Friedrich Gulda (1930-2000): Konzert für Violoncello und Blasorchester – Pjotr I. Tschaikowsky (1840-1893): „Romeo und Julia, Fantasie-Ouvertüre“ – Sergej Prokofjew (1891-1953): „Romeo und Julia“, Orchestersuiten App. 64a, 64b und 101 (Auswahl und Zusammenstellung K. Urbanski)
Nach der Pause dann das grosse Shakespeare’sche Thema „Romeo & Julia“, zunächst mit grossem Pathos angerührter Tschaikovsky – denn so muss er klingen! – gefolgt von ausgewählten Teilen von Prokojews Orchestersuiten des gleichnamigen Balletts. Der „Tanz der Ritter“ bläst einen natürlich – wie zu erwarten – schlichtweg um, diese Musik ist immer wieder grossartig. Prokofjews Rhythmik und diese grosse Kraft in seiner Musik nimmt mich jedesmal gefangen. Das Publikum ist begeistert, Urbanski und das Orchester geben Zugaben, das verlängert diesen lustvoll musizierten Abend um gut 15 Minuten – so schön kann ein Jahresausklang sein. Den Radetzky-Marsch von Strauss als letztes Zuckerl für das klatschwütige Publikum hätte es für meinen Geschmack jedoch nicht mehr gebraucht. Umjubelte Militärmärsche lösen bei mir Unbehagen aus und sind mir wie das alljährlich im TV übertragene Neujahrskonzert aus Wien ein Graus. Anyway, so startet man dann dennoch zwangsläufig beschwingt in die allerletzten Stunden vor dem Jahreswechsel. Goodbye 2022 – Hello 2023.
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Vielen Dank für den Live-Kommentar aus Zürich.
Gulda hat wohl Deinen Geschmack gut getroffen,
Märsche mag ich auch nicht so gern, weder am Silvesterabend noch in dieser Zeit.
Goodbye and Hello
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Hello nach Nürnberg – ja, dieses Konzert von Gulda ist wirklich toll und macht so Lust auf weitere Werke von ihm!
Herzlichst aus Zürich! A.
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