Salome – Luzerner Theater 17.01.2020

Die neue Salome-Produktion am Luzerner Theater ist der grosse Abend von HEATHER ENGEBRETSON, hier taugen tatsächlich nur Beschreibungen der Superlative – stimmiges Konzept und musikalisch fulminant von der ersten bis zur letzten Note. Opernfans aufgepasst: Auf nach Luzern oder um es kurz und knackig auf den Punkt zu bringen: A MUST SEE!…

In der für den Regisseur HERBERT FRITSCH typischen Ausstattung (Bühne himself, Kostüme von der – wie immer – grossartigen VICTORIA BEHR) agiert das Energiebündel dieser Kindfrau Salome und bestimmt und besticht den kompletten Abend: Heather Engebretson, die wohl in der von mir besuchten Vorstellungen zum ersten mal selbst gesungen hat, da sie ab der Premiere indisponiert war und „nur“ spielte, während wechselnde Kolleginnen vom Bühnenrand die Partie musikalisch übernahmen. Nun aber offensichtlich wieder fit und voller Energie. Von den vielen bisher gesehenen Sängerinnen in dieser Partie (von Zürich über München bis ENO London) hat mich noch nie jemand darstellerisch so überzeugt und musikalisch schlichtweg weggeblasen. Das ist natürlich auch dem musikalischen Leiter der Produktion CLEMENS HEIL und dem LUZERNER SINFONIEORCHESTER zu verdanken, die einen grandiosen Strauss zelebrierten und die jeweils richtigen Akzente in dieser immer wieder phantastischen Partitur setzten. Wie im Rausch laviert er seine Musiker (mit reduzierten Streichern sowie seitlich vor der Bühne positioniertem Schlagwerk) durch den Abend – Bravi!!!! Neben der umwerfenden Heather Engebretson und dem voluminösen Bass des Jochanaans von JASON COX  bleiben – ausser der Herodias von SOLENN LAVANANT LINKE (in herrlich überspitzter Fritsch-Manier) – zwangsläufig alle weiteren Sängerkollegen etwas blass. Selbst der Herodes von HUBERT WILD, der bereits bei Fritschs Inszenierung von „Le grand macabre“ (2017) überzeugte, wirkte gesanglich eher schwach und etwas angegriffen, auch wenn seine Darstellung als hysterisch angelegte Nero-Karikatur wirklich gelungen und witzig ist. Engebretsons Salome ist ein verzogenes, verstörtes Kind das es schafft,  sich durch ihre Forderung nach dem Kopf des Jochanaans von ihren bösartigen egoistischen Eltern zu befreien. Sie erhofft sich durch diesen Kuss etwas Liebe, die sie offensichtlich zeitlebens nie erhalten hat. Der für Fritsch so häufige Klamauk verkehrt sich in dieser Inszenierung oftmals ins Gegenteil und lässt jedes Lächeln gefrieren. Salome begehrt auf und nimmt sich, was sie will. Dabei geht sie aufs Ganze, setzt ihren Körper mit einer derartigen Wucht ein, das schnell klar ist, dies kann nicht gut enden. Ihr Tanz (häufig eine grosse Peinlichkeit in anderen Salome-Inszenierungen) wird zum Höhepunkt und nimmt das unglückliche Ende vorweg, unter Schmerzen löst sie sich aus dieser leidvollen Eltern-Kind-Beziehung. Dies alles mit einer derartigen Deutlichkeit und Energie, dass man sich häufig fragt, wie sie es energetisch und atemtechnisch überhaupt noch schafft, derartig scharf geschliffene Töne zu produzieren. Ihr Abgesang auf die Liebe beim grossen Finale nimmt den Zuschauer gefangen und erschafft eine derart geladene Atmosphäre im Saal, dass es kein Wunder ist, wenn nach dem Vorhang tosender Applaus losbricht. Hierüber nicht euphorisch zu berichten ist unmöglich. Grossartig!

Zuletzt besuchte Vorstellungen:

„Martha oder der Markt zu Richmond“ – Oper Frankfurt 31.12.2019

„Belshazzar“ – Oper Zürich 17.11.2019

„Cosi fan tutte“ – Oper Zürich 8.11.2019

„Die Sache Makropulos“ – Oper Zürich 6.10.2019

„La Traviata“ – Oper Zürich 29.09.2019

„Nabucco“ – Oper Zürich 24.09.2019

„Al gran sole carico d’amore“ – Theater Basel 22.09.2019

„Einstein on the Beach“ – Grand Théâtre de Genève 13.09.2019

16 Kommentare

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