Wohltuend erfrischend im weltweiten Lockdown-Streaming-Overflow hat das Teatro Massimo in Palermo seine Saison mit einer wundervollen Inszenierung von JOHANNES ERATH eröffnet. Voller Hingabe, Pathos und grossen Emotionen zeigt diese Produktion die Gefühlslage während der Pandemie – grossartig!
„Il crepuscolo dei sogni“ oder zu deutsch „Die Dämmerung der Träume“ ist eine pathetisch-melancholische Collage mit Musik von Claudio Monteverdi, Henry Purcell, Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven, Giaochino Rossini, Franz Schubert, Richard Wagner, Giuseppe Verdi, Modest Mussorgskij, Arrigo Boito, Richard Strauss, Erich Korngold, Werner Richard Heymann und Chava Alberstein. Am Pult des Orchesters des Teatro Massimo Palermo steht OMER MEIR WELLBER. Mit ihm beginnt auch das Spektakel, wenn er melancholisch am Akkordeon die ersten Takte des Abends spielt – Auftakt des dritten Aktes aus „La Traviata“. Die einzelnen Nummern des Abends sind hervorragend mit CARMEN GIANNATTASIO (Sopran), MARKUS WERBA (Bariton) und ALEXANDROS STAVRAKAKIS (Bass) besetzt.
Dort wo sonst das Publikum sitzt, ist die Spielfläche – eine grosse Arena aus künstlichem Schnee, ein Fernseher flackert, Kunst gibt es nur am Bildschirm, es herrscht Endzeitstimmung. Schön ist das anzusehen, traurig und voller Hoffnung zugleich. Und diese Hoffnung auf eine Zeit danach bekommen wir durch die Kunst. Ein schöner Gedanke. Es beginnt mit der traurig-schönen Klage der Dido aus Purcells „Dido und Aeneas“, die Grundstimmung des Abends ist gesetzt, gleich im Anschluss dann ein Relikt aus guten alten Zeiten – Lehàrs „Lippen Schweigen“ kommt von der guten alten Schallplatte, Melancholie ohne Ende. Ist das unser derzeitiges Innenleben? Aber es gibt auch Hoffnung und Licht, etwa mit dem wundervollen Lied „Morgen“ von Richard Strauss, ein Hoffnungsschimmer in dieser dunklen Zeit? Und so folgt eine Nummer nach der nächsten bis es dämmert, ist ein Ende der Pandemie abzusehen? Man ist von diesen Bildern hingerissen, traumhaft schön und gebannt starrt man auf den Fernseher, wunderbar wie lange nicht mehr! Und immer wieder der Zwiespalt, hin- und hergerissen zwischen den Extremen Liebe und Tod – u.a. bei Isoldes Liebestod aus Wagners „Tristan und Isolde“. Eine kurze knappe knackige Produktion, aber randvoll mit Emotionen, Musik und wundervollen Bildern – natürlich ein klein wenig over the top und kitschig, aber was soll’s, genau das, was man derzeit braucht. Herrlich! Danke!
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„7 Deaths of Maria Callas“ – Bayerische Staatsoper München (livestream) 05.09.2020
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