Leider viel zu selten auf den internationalen Spielplänen, nun aber endlich in einer packenden Neuinszenierung an der Oper Zürich zu sehen: „Die Sache Makropulos“ von Leoš Janáček – tolle Umsetzung, grossartige Sänger*innen…
Regisseur DMITRI TCHERNIAKOV (der in Zürich bereits Janáčeks „Jenufa“ inszenierte) fügt dieser wundersamen Geschichte einer bereits über 300 Jahre lebenden Sängerin eine weitere Dimension hinzu, nämlich eine wohl unheilbare Krebserkrankung Emilia Martys. Dies erfährt man bereits während der Ouvertüre durch die Projektion des Krankheitsberichtes – die Protagonistin hat nichts mehr zu verlieren und so bemüht sie sich skrupelos um die Wiederbeschaffung des Rezeptes zur Herstellung des lebensverlängernden Elixiers. Die grossartige EVELYN HERLITZIUS (zuletzt in Zürich als „Elektra“ zu erleben) spielt sich dann auch durch sämtliche Gefühlregungen und bildet den imposanten Mittelpunkt dieses Werkes, um den sich alles dreht. Die Krankheit ist ein kluger Schachzug des Regisseurs, so kann sie von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit bis hin zur masslosen Lebenslust und Rücksichtslosigkeit alles ausspielen – grossartig macht sie das. Musikalisch sicher und sauber – selbst in den Höhen – trägt ihre Stimme über die teilweise lauten Orchesterpassagen hinweg. Aus dem Graben klingt wunderbarster Janáček, opulent und wenn es darauf ankommt doch leichtfüssig, transparent und schwerelos – dafür sorgt der tschechische Dirigent und Janáček-Kenner JAKUB HRUŠA, der mit diesem Stück auch in Zürich debütiert. Das ganze Ensemble liefert dazu interessante Persönlichkeitsstudien: DENIZ UZUN als Krista, KEVIN CONNERS als Vitek, SPENCER LANG (mit seinem schönen lyrischen Tenor) als Janek, SCOTT HENDRICKS als Jaroslav Prus und natürlich SAM FURNESS als Albert Gregor. Schöner Moment auch in ihrer kurzen Szene: IRÉNE FRIEDLY als Putzfrau und RUBEN DROLE als Theatermaschinist. Köstlich in Szene gesetzt und gekleidet: GUY DE MEY als liebestoller ehemaliger Liebhaber Hauk-Schendorf. Die treffenden Kostüme wurden von ELENA ZAYTSEVA entworfen, einzig das erste Kostüm der Marty im kanariengelben Zweiteiler mit Mireille Matthieu – Perücke ist etwas unpassend-hausbacken und irritierend. Grossartiger schwarzhumoriger Augenblick – denn eigentlich ist das Stück als Komödie bezeichnet – ist natürlich der überraschende Schlussmoment, wenn das überrealistische Zimmer verschwindet, die Mauern fallen und der finale Schlussgesang und Tod der grossen Sängerin live im Fernsehstudio passiert, ja inszeniert wird, und alle Welt teilhaben lässt an diesem intimen Moment. Aber letztendlich ist es für die Marty auch eine Befreiung aus dem Zwang, ewig leben zu müssen. Da interessiert es auch nicht wirklich, dass Krista das Rezept nicht annimmt – aber auch nicht verbrennt. Toller Saisonstart in Zürich mit herrlicher Musik von Janáček und einen Tag vor der Premiere dann auch noch die Auszeichnung des „OPER! AWARD! als bestes Opernhaus der internationalen Opernbranche! Herzlichen Glückwunsch kann man da nur sagen… – auf in eine neue spannende Saison.
Zuletzt besuchte Vorstellungen:
„La Traviata“ – Oper Zürich 29.09.2019
„Nabucco“ – Oper Zürich 24.09.2019
„Al gran sole carico d’amore“ – Theater Basel 22.09.2019
„Einstein on the Beach“ – Grand Théâtre de Genève 13.09.2019
„Elektra“ – Oper Zürich 15.07.2019
„Last call“ (UA) – Oper Zürich 28.06.2019
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