Da ein herausragender Konzertsaal eine klanglich entsprechende Orgel benötigt, wurde im Zuge der Komplettsanierung der Tonhalle Zürich am See nun eine neue Kuhn-Orgel installiert, die der Grösse und dem Klangvolumen dieses Saales entspricht, die alte zu gross dimensionierte ist nun in der Kathedrale von Koper in Slowenien zu hören…
Nach den fulminanten, ja fast schon rauschhaften Eröffnungskonzerten mit Mahler 3 der letzten Woche, nun also die Orgeleinweihung mit zwei Konzerten unter Music Director PAAVO JÄRVI und dem Fokuskünstler dieser Saison im Zürcher Tonhalle Orchester: CHRISTIAN SCHMITT. Diese neue Instrument wurde mit seiner Dimension und der Disposition der Register perfekt auf diesen Saal abgestimmt. Schon ein Ereignis, wenn man zum ersten mal die „Königin der Instrumente“ in seiner vollen Pracht im neuen Saal erleben darf. Nach der üblichen Vorrede und den Verdankungen, dieses mal nicht in gewohnt launiger Manier von Martin Vollenwyder (Präsident der Tonhalle AG Zürich), sondern eher nervös und langweilig dahin plappernd durch Hans G. Syl (Vizepräsident und Quästor der Tonhalle Gesellschaft Zürich AG), offenbar ein Club alter Männer. Erfreulicher dann schon eher die nachfolgenden Infos zum Programm durch Intendantin Ilona Schmiel:
Richard Dubugnon (*1968): Caprice V „Zürcher Art“ für Orchester op. 72 Nr. 5 – Uraufführung – Guillaume Connesson (*1970): „Concerto da Requiem“ Konzert für Orgel und Orchester – Camille Saint-Saëns (1835 – 1921): Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 78 „Orgelsinfonie“
Dubugnons Caprice V ist ein Auftragswerk der Tonhalle Gesellschaft, des Sinfonieorchesters Basel und der Fondation du Septembre Musical Montreux-Vevey und ist Paavo Järvi und den Musiker:innen des Tonhalle-Orchesters gewidmet. Die fünf Capricen Dubugnons unterscheiden sich und sind jeweils passend zum Entstehungsanlass mit einer eigenen Farbe und entsprechender Orchestrierung. Schön, gibt es wieder etwas von Richard Dubugnon zu hören. Ich erinnere mich noch gut an „Arcanes symphoniques op. 30“ die es 2021 unter Lionel Bringuier hier in Zürich gab. Für die Capricen verwendet Dubugnon jeweils Variationen eines Themas beginnend mit einem Peitschenknall, so endet das Stück auch, dazwischen kraftvolle Klänge, jazzartige Sequenzen und virtuos gespielte Soli (u.a. Violincello: Anita Leuzinger). Bei Connessons „Concerto da Requiem“ erklingt dann auch zum ersten mal das Instrument, dem dieses Konzert gewidmet ist: die neue Orgel. Die Uraufführung fand erst 2020 mit Vincent Dubois und dem Sinfonieorchester Basel unter Ivor Bolton statt und lässt wahrlich sämtliche Register des neuen Instruments auffahren. Grossartig klingt das, spannungsgeladen und eine interessante Mischung aus klassischer Komposition eines dramatischen Requiems mit einer immensen Bandbreite von hell leuchtenden Tönen bis hin zu den dunkelsten Stimmungen. Das „Dies irae“ ein rasanter unheimlicher Tanz, der sich aber im letzten Teil wieder hoffnungsvoll auf eine besseres Leben nach dem Tod besinnt (sofern man daran glauben mag). Mir persönlich stellenweise ein wenig zu sakral, aber ein gewaltiges Werk, das im neu renovierten Saal seine volle Kraft entfalten kann. Und zuletzt natürlich ein Klassiker des Orgel-Repertoires: Saint-Saëns wunderbare Sinfonie Nr. 3, der Komponist wusste, wie er das Instrument effektvoll einsetzen kann und so ist man als Zuhörer einmal mehr wie verzaubert, denn bis zum Finale ist die Orgel nur sehr dezent integriert und stellenweise nur mit gutem Hinhören wahrnehmbar. Paavo Järvi nimmt sich Zeit, vor allem das Adagio erscheint mir sehr breit angelegt und für meinen Geschmack doch etwas zu pathetisch und mit grosser Gefühlskelle angerührt. Beim grossen Finale dann jedoch wird aufgefahren, atemlos bis zum Abschlag, wagt man fast nicht zu atmen, so sehr nimmt einen dieses immer wieder tolle Werk in Beschlag. Es folgen begeisterte, ja fast schon erlösende Standing Ovations nach diesem Ritt auf der neuen Orgel. Orchester, Tonhalle, Orgel – alles top! Jetzt aber genug mit Feierlichkeiten und Beweihräucherungen zur wiedereröffneten Tonhalle am See, auf in die Saison!
Zuletzt besuchte Konzerte:
Paavo Järvi – Mahler 3 / Eröffnungskonzert Tonhalle Zürich 16.09.2021
Patricia Kopatchinskaja/LFCO: Bye Bye Beethoven – Lucerne Festival 04.09.2021
JAKUB HRŮŠA – MOZART/DVOŘÁK – Lucerne Festival 24.08.2021
Blomstedt – Stenhammar – Tonhalle MAAG 17.06.2021
Ein deutsches Requiem – Oper Zürich/Noseda (livestream) 07.02.2021
bebeethoven – Tonhalle MAAG 16.10.2020
Järvi/Janke – Pärt/Beethoven – Tonhalle MAAG 23.09.2020
Järvi/Batiashvili – Ibert/Bartók/Poulenc – Tonhalle MAAG 19.08.2020
Blomstedt/Argerich – Beethoven – Lucerne Festival 14.08.2020
Ich weiss: es sind Welten, ob ein Werk life mitverfolgt wird, oder ab Konserve gehört. Aber was bleibt mir anderes übrig…
Jedenfalls habe ich meine CD von Saint-Saëns Symphonie Nr.3 wieder einmal aufgelegt. Es ist keine Musik, die man einfach so nebenher hören sollte. Ich habe die Aufnahme (Maazel / Pittsburg Symphony Orchestra, 1996) denn auch ganz bewusst genossen! Und selbstverständlich auch ein bisschen an die neue Orgel in der Tonhalle gedacht!
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Lieber Felix – ja, gell, was für ein tolles Stück? Auch wenn etwas sehr pathetisch. Was Solls? Bist Du denn eigentlich ab und zu noch mal in der Heimat? Vielleicht sogar mal in Zürich? Liebe Grüsse in die Ferne! A.
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Ja, ab und zu darf es durchaus mal pathetisch sein! Ich denke da auch sofort an Mahlers Nr. 1 «Titan»!
In der Schweiz war ich nie mehr seit ich hier bin…
Die Chance, uns mal zu treffen, wäre wohl eher hier in Thailand!!!
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Naja, Thailand ist ja nicht der schlechteste Ort…. 🙂
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