Édouard Louis – Die Freiheit einer Frau.

Einmal mehr lässt uns der französische Autor Édouard Louis an seinem Leben, an seiner Vergangenheit, an seiner Familie teilhaben und erklärt uns, warum er zum Menschen wurde, der er ist. Dieser Fundus ist offenbar unerschöpflich. „Die Freiheit einer Frau“ ist ein emphatisches Porträt seiner Mutter, es ist die Geschichte einer Emanzipation…

Sämtliche Bücher von Louis sind schonungslos ehrlich, sowohl anderen, als auch sich selbst gegenüber. „Das Ende von Eddy“, „Im Herzen der Gewalt“ oder zuletzt „Wer hat meinen Vater umgebracht“ – sie alle drehen sich um den Kosmos Édouard Louis. Und doch ist seine Literatur nicht repetitiv. Sie beleuchtet jeweils andere Aspekte – benennt diese Leben klar und deutlich, verliert aber nie eine wunderbare Feinfühligkeit und Empathie. Und auch wenn er mit klaren Worten von seiner Familie spricht, so liegt über den Zeilen auch immer eine zarte Poesie und Zärtlichkeit.

Eines Tages stand Édouard Louis’ Mutter einfach auf und ging. Weg aus der Gegend, weg von ihrem zweiten Mann, der wie der erste soff und sie demütigte. Édouard Louis erzählt eindringlich und gnadenlos vom Wunsch, als Kind eine andere Mutter zu haben, und vom großen Glück, sie heute als befreite und glückliche Frau zu erleben. (S. Fischer Verlag)

Die einzelnen Bände von Édouard Louis – und so auch „Die Freiheit einer Frau“ – sind sehr persönlich, nichts ist geschönt, das merkt man immer wieder. Deutlich und mit klaren Worten erzählt er im neuen Band von der Emanzipation seiner Mutter, die erst nach zwei unglücklichen Ehen zu sich selbst und einem zufriedenerem Leben finden konnte. Eddy Bellegueule ist er schon lange nicht mehr. Man hat das Gefühl, dass Louis mit jeder Veröffentlichung reift. Sein Schreiben ist autobiografisch und dennoch ist er eine der wichtigen Stimmen Frankreichs, der sich nicht für seine Herkunft schämt, sondern darauf aufmerksam macht. Schade, sind es immer nur kurze Bestandsaufnahmen, man möchte gerne mehr erfahren.

„Die Freiheit einer Frau“ von Édouard Louis, 2021, S. Fischer Verlag, ISBN: 978-3-10-000064-4 (Werbung)

Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim S. Fischer Verlag sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.

Zuletzt gelesen:

Susanne Widmann – Cranko, Haydée – und ich, George Bailey

Anthony Doerr – Wolkenkuckucksland

Alex Ross – Die Welt nach Wagner

Mieko Kawakami – Heaven

Colm Tóibín – Der Zauberer

Monika Helfer – Die Bagage

Édouard Louis – Wer hat meinen Vater umgebracht 

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8 Kommentare

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