WOW – Zum 70. Geburtstag des amerikanischen Choreographen WILLIAM FORSYTHE gibt es vom BALLETT ZÜRICH zusammen mit Tänzer*innen des JUNIORBALLETTs am Opernhaus Zürich eine Hommage, die man als Tanzliebhaber unbedingt gesehen haben muss…
Forsythe – das ist very-crazy-Beinarbeit und präzise hochanspruchsvolle Technik. Die Tänzerinnen- und Tänzer in Zürich – in den letzten Jahren mit einem grossartigen und abwechslungsreichen Repertoire zu einem erstklassigen Ensemble gereift – meistern diesen hochkarätigen Abend mit Bravour. Zu Beginn des dreigeteilten Abends, der Stücke aus verschiedenen Epochen Forsythes zeigt, gibt es das Stück „The Second Detail“ von 1991 (Uraufgeführt vom National Ballet of Canada): Das Ensemble in hautengen grauen Suits von YUMIKO TAKESHIMO und einem einzigen weissen, am Ende hervorstechenden Kleid von ISSEY MIYAKE, bewegt sich vermeintlich solistisch durch die 20 Minuten, bildet jedoch ingesamt gesehen eine komplex durchchoreografierte Einheit mit aktiven und passiven Positionen, die wartend auf der langen Stuhlreihe am Bühnenrand verharren – einzelne Nummern und doch ein verschmolzenes Ganzes. Ein wundervoll ruhiger Auftakt für diesen später noch atemlosen Abend. Das Stück selbst ist eher klassisch angehaucht, mit vielen geometrischen Elementen auf Spitze, immer jedoch stilistisch gebrochen, die Körper verdreht, geknickt. Dazu die betörenden Klänge und rhythmisches Sounds des Musikers THOM WILLEMS, der auch für die folgenden Stücke grossartige Klangteppiche entworfen hat.
Als Mittelstück dann „Approximate Sonata“, 1997 in Frankfurt uraufgeführt und 2016 für das Ballett der Opéra de Paris überarbeitet – eine Studie von vier Paaren über den Pas de Deux. Die Paare zeigen auf hohem Niveau den für Forsythe typischen Stil, sie begegnen sich, wechseln sich ab, ein fliessendes Kommen und Gehen, eine Einheit, ein Ensemble und doch ein Stück für die Solisten. Grossartig und hervorstechend wie immer ELENA VOSTROTINA, die Kollegen*innen ebenbürtig und ebenfalls omni-präsent. Wunderbare Duette, Beine bin zur Decke, im Mittelpunkt eine Ensemblesequenz und am Ende wird klar, dass es manchmal nur einen kleinen Kick mit dem Fuss benötigt, um ein Schild an der Bühnenrampe umzukippen.
Höhepunkt und grandioser Schluss dieses wundervollen Abends dann das temporeiche „One Flat Thing, reproduced“ aus dem Jahr 2000 (Frankfurt Ballett). Was für eine atemberaubende Choreografie, was für eine grossartige Leistung und Koordination des Ensembles – scheinbares Chaos auf, um, unter, neben 20 perfekt angeordneten Tischen, die bereits beim Auftrittslärm – wenn sie von hinten aus der Dunkelheit nach vorne bis an die Rampe gezogen und angeordnet werden – von einer furiosen Arbeit künden. Alles pulsiert, verliert und sammelt sich, dazwischen schnelle Blicke und zugerufene Kommandos – ein bis ins kleinste Detail organisiertes Chaos. Als Zuschauer starrt man gebannt und atemlos auf dieses ausgeklügelte Spektakel, bevor am Ende die Tische von den 14 Tänzer*innen wieder an den Ursprungsort gezogen werden und der Vorhang sich senkt. Was für eine Energie! Was für ein Tempo! Langanhaltender Applaus für diesen furiosen Abend, den man unbedingt sehen muss! Grossartig!
Zuletzt besuchte Ballett/Tanz-Produktionen:
„Grand Finale/Hofesh Shechter Company – Theater Winterthur 20.12.2019 (H. Shechter)
„Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ – Ballett Zürich 10.11.2019 (Christian Spuck)
„Romeo und Julia“ – Ballett Zürich 22.06.2019 (Christian Spuck)
„Kreationen“ – Juniorballett Zürich 21.05.2019 (Portugal/Stiens/Montero)
„b.39“ – Ballett am Rhein Düsseldorf 02.05.2019 (H. van Manen/M. Chaix/M. Schläpfer)
„Don Quixote“ – The Royal Ballet London 30.03.2019 (Carlos Acosta nach Petipa)
„Nijinski“ – Ballett Zürich 17.03.2019 (Marco Goecke)
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