Reareading #2: Bret Easton Ellis – Unter Null.

Nach der Lektüre des brandaktuellen und äusserst lesenswerten Romans „The Shards“ bietet sich an, den Erstling von Bret Easton Ellis „Unter Null“ (im Original „Less Than Zero“) wieder einmal hervorzukramen und nochmals zu lesen…

„Unter Null“ erschien erstmals auf Deutsch bereits 1986 und liest sich immer noch prima. Es ist interessant, ihn aus heutiger Sicht zu lesen, denn er ist auch ein Zeitdokument der Achtziger Jahre und enthält natürlich viele Dinge, die in den späteren Romanen des Autors wieder auftauchen bzw. sich fortsetzen, wie immer geht es um den oberflächlichen Konsum, um Drogen, um Musik und das absolut belanglose Leben reicher Kids in Kalifornien: Ein Leben zwischen Partys, teuren Autos, Gewalt und einer Vielzahl an Drogen- und Alkoholexzessen, denn das ist der einzige Kick. Die Eltern sind permanent abwesend, die Jugendlichen leben alleine in den grossen Villen, nur versorgt durch diverse Hausangestellte und ihre Dealer. Sinnbildlich ist ein Spruch auf dem Spiegel in der Herrentoillette des von ihnen besuchten Clubs Edge – „Das Reich des Stumpfsinns“.

Auf der Suche nach dem richtigen Kick zieht Clay mit seinen Freunden von einer Party zur nächsten, knallt sich voll mit Kokain und Champagner und lässt keine Gelegenheit aus, bei der er abheben und sich im Rausch verlieren kann. (Rowohlt Verlag, 1986)

Bret Easton Ellis ist gerade einmal 20 Jahre alt, als er 1984 als Student für seine Abschlussarbeit im Creativ-Writing-Workshop „Unter Null“ schreibt. Sein Lehrer, der Schriftsteller Joe McGinnis, ist so begeistert, dass er das Manuskript einem New Yorker Verlag schickt, der diesen auch prompt veröffentlicht – zur damaligen Zeit ein Kultbuch. Aus heutiger Sicht ist der Roman natürlich nicht mehr wirklich schockierend, sein Bestseller „American Psycho“ von 1991 wahrscheinlich ebensowenig (auch wenn dieser von 1995 – 2001 in Deutschland indiziert war…), aber in Kombination mit dem neuen Roman „The Shards“ finde ich es interessant, ihn nochmals zu lesen. Viele Details und Stimmungen im neuen Roman nimmt er hier bereits vorweg, wie etwa die vielen bestialischen Morde der Region, das unheimliche Geheul der Kojoten in den Nächten im Valley, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Und auch bereits bei „Unter Null“ ist es erstaunlich, wie fesselnd doch 200 Seiten oberflächliches Leben sein können und den Leser permanent bei Stange halten – fast ein eigenes Genre. Damals erschien der Roman bei Rowohlt, heute ist dieser Roman im Verlag Kiepenheuer & Witsch erhältlich, ebenso alle anderen Werke von Bret Easton Ellis.

„Unter Null“ von Bret Easton Ellis, 2006 (ursprünglich erschien der Roman 1986 bei Rowohlt, im englischen Original 1985), Kiepenheuer & Witsch, ISBN: 978-3-462-03700-5 (Werbung)

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