Mit viel Feingefühl und Humor erzählt Xiaolu Guo in ihrem neuen Roman „Eine Sprache der Liebe“ vom Clash der Kulturen. Es ist eine sehr lesenswerte Lektüre mit viel Wortwitz, Sprach-Verwirrungen und dem interessanten Blickwinkel einer in China geborenen und sozialisierten Frau, die sich in einer komplett neuen Umgebung und für uns oft zu selbstverständlichen westlichen Welt zurechtfinden muss…
Xiaolu Guo wurde 1973 im Süden Chinas geboren und zog 2002 nach London. Mit ihrer Autobiographie „Es war einmal in Fernen Osten“ gewann sie 2017 den National Book Critics Circle Award. Heute wohnt Xiaolu Guo mit ihrer Familie in London und Berlin und arbeitet als Regisseurin und Autorin. Der deutsche Titel dieses Romans ist etwas unglücklich gewählt und klingt eher nach einer trivialen Schmonzette, das englische Original „A Lover’s Discourse“ bringt es (wie so häufig) viel besser auf den Punkt.
Eine junge Chinesin kommt nach London. Sie lässt alles hinter sich, will ein neues Leben beginnen. Doch in der fremden Kultur und der fremden Sprache fühlt sie sich zunächst nur einsam und verloren. Bis sie sich in einen australischen Landschaftsarchitekten mit britisch-deutschen Wurzeln verliebt. Eine vorsichtige Annäherung beginnt. Voller Neugier auf die Fremdheit des Anderen, aber auch voller kultureller Missverständnisse. Beide versuchen, eine tragfähige Sprache als Fundament ihrer Liebe zu finden. Kann diese Liebe für beide zu einer neuen Heimat werden? Authentisch, offen, aber auch mit viel Selbstironie beschreibt Xiaolu Guo die vielfältigen Verwirrungen zwischen West und Ost und erzählt eindrücklich von einer ungewöhnlichen Liebe. (Penguin Verlag/Randomhouse)
„Ein Sprache der Liebe“ ist ein Diskurs zwischen den Kulturen, dies auf sehr poetische, humorvolle Art und Weise. Zwischen den beiden Protagonisten gibt es Missverständnisse, die eher auf sprachliche Eigenheiten zurückzuführen sind, denn auf ihr gemeinsames Leben. Das ist interessant in vielerlei Hinsicht. Eine dieser vielen sprachlichen Dinge, die beispielsweise hinterfragt werden, ist warum das Vaterland männlich ist, die Muttersprache jedoch weiblich. Schön sind auch die philosophisch angehauchten Episoden, wenn etwa die Protagonistin in China an einem Strassenstand hartgekochte Eier frühstückt und sie einer Henne ihr restliches halbes Ei zum Fressen hinwerft und ihr die alte Frage in den Sinn kommt, was zuerst da war – die Henne oder das Ei? Ob damit die Frage beantwortet sei? Der Roman bietet – neben den oftmals hochinteressanten unterschiedlichen Auffassungen, was Sprache und ihre Bedeutung anbelangt – auch witzige Momente und ist mit seinen vielen Kurzkapiteln eine wirklich empfehlenswerte Lektüre!
„Eine Sprache der Liebe“ von Xiaolu Guo, 2022 (im Original 2020), Penguin Verlag/Randomhouse, ISBN: 978-3-328-60215-6 (Werbung)
Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Penguin Verlag/Randomhouse sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.
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