Die geheimste Erinnerung der Menschen – Mohamed Mbougar Sarr.

Es ist kein einfaches Werk und man muss sich etwas Zeit dafür nehmen, aber die Lektüre lohnt sich durchaus – Mohamed Mbougar Sarrs Roman „Die geheimste Erinnerung der Menschen“ ist eine Auseinandersetzung mit dem postkolonialistischen Erbe Frankreichs und verbindet unterschiedliche Erzählformen zu einem grossen Ganzen. Das ist unterhaltsam, anregend, aber es verlangt auch einiges ab vom Leser…

„Die geheimste Erinnerung der Menschen“ ist bereits der vierte Roman von Sarr, jedoch der erste, der nun auf Deutsch erschienen ist, das ist wohl dem Prix Goncourt zu verdanken, den er 2021 für dieses Werk erhielt. Die Story ist nicht zu durchschauen und gibt – neben vielen weiteren interessanten Aspekten – einen Einblick in den Literaturbetrieb, ist aber auch eine Reise um die Welt mit vielen interessanten Stationen.

Mohamed Mbougar Sarr erzählt virtuos von der Suche nach einem verschollenen Autor: Als dem jungen Senegalesen Diégane ein verloren geglaubtes Kultbuch in die Hände fällt, stürzt er sich auf die Spur des rätselhaften Verfassers T.C. Elimane. Dieser wurde in den dreißiger Jahren als „schwarzer Rimbaud“ gefeiert, nach rassistischen Anfeindungen und einem Skandal tauchte er jedoch unter. Wer war er? Voll Suchtpotenzial und unnachahmlicher Ironie erzählt Sarr von einer labyrinthischen Reise, die drei Kontinente umspannt. Ein meisterhafter Bildungsroman, eine radikal aktuelle Auseinandersetzung mit dem komplexen Erbe des Kolonialismus und eine soghafte Kriminalgeschichte. Ein Buch, das viel wagt – und triumphiert. (Hanser Literaturverlage)

Man kann dieses Werk nicht wirklich fassen, faszinierend für den Leser ist es allemal und sicherlich zieht jeder Leser ein anderes Fazit, wenn er denn nicht aufgibt und bis zum Schluss liest – eine gewisse Leidenschaft für das Lesen an sich ist wohl auch die unbedingte Voraussetzung. Die Bandbreite des Romans ist immens – vom Literaturbetrieb, über Rassismus bis hin zu den Auswirkungen des Kolonialismus bis heute und man stellt sich auch immer die Frage, ob das eine Satire ist? Herrlich sind jedenfalls einige der zitierten und real nicht existierenden Werke, wie etwa „Die Anatomie der Leere“, „Der barbarische Badam“, „Elegie an die finstre Nacht“ „Ebenholzschwarz“, „Die Melancholie des Sands“ oder „Die Liebe ist eine Kakaobohne“. Der Autor deckt viele Themen ab, das macht auch die Lektüre so interessant. Man muss sich für „Die geheimste Erinnerung der Menschen“ Zeit nehmen, dann hat man aber grosses Lesevergnügen. Mohamed Mbougar Sarr, geboren 1990 in Dakar, wuchs im Senegal auf und studierte in Frankreich Literatur und Philosophie.

„Die geheimste Erinnerung der Menschen“ von Mohamed Mbougar Sarr, 2023, Hanser Literaturverlage, ISBN 978-3-446-27411-2 (Werbung)

Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Hanser Verlag sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.

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