Mit viel Pathos erzählt der kanadische Autor Steven Price die Entstehungsgeschichte eines der grossen Werke italienischer Literatur – „Der Leopard“ von Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Oberflächlich bis seichte Unterhaltung muss man leider sagen, dabei hätte es genug guten Stoff für diesen Künstlerroman gegeben…
Zugegeben, man liest „Der letzte Prinz“ in einem Zug, ein Roman ohne Ecken und Kanten, aber auch mit vielen Platitüden und voller Klischees. Es wäre weitaus interessanter gewesen, sich mehr an die Fakten zu halten und nicht all zu sehr auf die „Ich bin todkrank, will aber noch etwas Bleibendes schaffen“ – Tränendrüse zu drücken. Viel spannender wäre es, mehr über dieses Dilemma zu erfahren, dass der Spross einer untergegangenen Dynastie, einer nicht mehr existierenden Epoche, zwischen den Welten lebt, leben muss, das alte Sizilien ist nicht mehr da, aber eine neue Welt gibt es auch (noch) nicht für ihn – den verarmten Aristokraten. Stattdessen liest man eine etwas sentimentale Bestandsaufnahme der Nachkriegsjahre in abgehalfterten Wohnstätten, einige (doch recht interessante) Rückblenden und spürt einen Hauch von dem Gefühl, wie es zu dieser Zeit nach Mussolini in Italien gewesen sein mag.
Sizilien, 1955: Giuseppe Tomasi ist der Letzte im Geschlecht der Lampedusa. Melancholisch streift er durch das staubige Palermo, vorbei an den Palazzi seiner Vorfahren, von Café zu Café, und ignoriert seine prekäre finanzielle Situation. Als bei ihm ein Lungenemphysem diagnostiziert wird, reift in Tomasi ein Plan: Im Angesicht des eigenen Todes und des Todes einer ganzen Welt, beschließt er, etwas Bleibendes zu schaffen. Der 59-Jährige schreibt den weltberühmten Roman ›Der Leopard‹. (Diogenes Verlag)
„Der letzte Prinz“ ist ein mit sehr grossem Pathos angerührter Künstlerroman, stellenweise an der Grenze zum Kitsch. Das ist etwas enttäuschend, wenngleich ich ihn sehr gerne gelesen habe. Rückblickend muss man sagen, dass er leider sehr wenig Substanz bietet. Den epochalen Roman „Il Gattopardo“ habe ich geliebt, gerne wäre ich dazu auch etwas tiefer in das Leben von Giuseppe Tomasi di Lampedusa eingetauscht. Schade.
„Der letzte Prinz“ von Steven Price, 2020, Diogenes Verlag, ISBN: 978-3-257-07143-6 (Werbung)
Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Diogenes Verlag sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.
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