Der gute alte englische „Whodunnit“-Krimi ist zurück! Man könnte fast meinen, dass dieses Genre eine Renaissance erlebt, denn nach Graham Nortons „Ein irischer Dorfpolizist“ oder Richard Osmans „Der Donnerstagsmordclub“ ist „Mrs Pott’s Mordclub und der tote Nachbar“ erneut eine Veröffentlichung, die hausgemachte kriminologische Detektivarbeit in einem Provinzkaff bietet…
In bester Tradition und Erzählweise ist im Verlag Kiepenheuer & Witsch der erste Band von „Mrs Potts‘ Mordclub“ erschienen, der Autor Robert Thorogood ist in diesem Genre kein Unbekannter, von ihm stammen auch die Drehbücher für die BBC-Serie „Death in Paradise“. Es ist fast schon eine Wohltat, nicht den ewigen Scandinavian Noir zu lesen oder eine der vielen schnell geschnittenen Thriller-Miniserien im TV zu sehen, sondern im guten alten Kriminalroman zu schmökern. Natürlich gibt es auch Spannung und Unvorhergesehenes mit Aha-Effekt, dennoch ist dieser Auftakt old-fashioned und gerade deshalb liebenswert.
Als die leicht exzentrische Judith Potts mitbekommt, dass ihr Nachbar ermordet wird und die Polizei ihr das nicht glaubt, nimmt sie die Sache resolut selbst in die Hand. Die siebenundsiebzigjährige Judith Potts lebt allein in einem verfallenen Herrenhaus im idyllischen Marlow und arbeitet als Kreuzworträtsel-Autorin für eine Zeitung. Sie genießt ihren beschaulichen, selbstbestimmten Alltag mit gelegentlichem Nacktschwimmen in der Themse und dem ein oder anderen Whisky. Ihr Leben wird auf den Kopf gestellt, als sie Zeugin eines Mordes auf dem Nachbargrundstück wird. Weil es weit und breit von der Leiche keine Spur gibt und die ansässige Polizei den Fall nicht ernst nimmt, beginnt Judith, auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei lernt sie die Hundesitterin Suzie und die neurotische Pfarrersfrau Becks kennen, die ihr fortan als »Marlow Murder Club« bei den Ermittlungen helfen. Als es zu einem weiteren Mord kommt, erscheint der Fall immer rätselhafter … (Verlag Kiepenheuer & Witsch)
Etwas hausbacken ist das Ganze schon, aber Liebhaber von Agatha Christies „Miss Marple“-Romanen, Caroline Grahams Geschichten um Inspector Barnaby („Midsummer Murders“), der ewig mürrischen „Vera“ oder viele der weiteren englischen Krimi-Klassiker mit schrägen Figuren werden diese neue Serie lieben – kein actiongeladener Thriller, dafür klar gezeichnete Charaktere und ein überschaubarer (manchmal etwas absehbarer) Plot. Sehr zu empfehlen als Ferienlektüre oder bei schlechtem Wetter mit Ingwerkeksen und einer Tasse Tee auf dem Sofa. Klar, ist bereits der zweite Band in Planung und eine Veröffentlichung für das Frühjahr 2023 angekündigt.
„Mrs Potts‘ Mordclub und der tote Nachbar“ von Robert Thorogood, 2022, Verlag Kiepenheuer & Witsch, ISBN: 978-3-462-00198-3 (Werbung)
Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Verlag Kiepenheuer & Witsch sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.
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