Last Call (UA) – Oper Zürich 28.06.2019

Kurz vor Saison-Ende präsentierte das Opernhaus Zürich auf der Studiobühne noch die  Uraufführung einer schrägen Kammeroper als Auftragswerk an den Schweizer Komponisten MICHAEL PELZEL. „Last Call“ spielt in der fernen (oder doch nahen?) Zukunft nach dem medialen Overkill, die Herrschaft auf unserem Planeten wurde längst von den Maschinen übernommen…

In dieser dystopischen Weltuntergangsstimmung wird während einer Talkshow auf Zapp3 über verschiedene Lösungsansätze abgestimmt, gemäss einem Automaten, hat die Menschheit vier Wahlmöglichkeiten. Der Moderator Harald Gottwitz (sehr showy: THOMAS ERLANK) stellt diese vor – die Bandbreite der Lösungsansätze ist riesig: Influencerin Trendy-Sandy-Mandy (im sexy Fashion-Outfit: ALINA ADAMASKI) propagiert eine „Party im All“ als Rettung, ein unheimlicher Urguru (dämonisch: RUBEN DROLE) versucht seine Jünger um sich zu scharen, ein Dr. Karitzoklex (pathetisch: JUNGRAE NOAH KIM) hat den wissenschaftlichen Ansatz die Erde einzunebeln und somit die Erdrotation aufzuhalten und Sulamit Hahnemanns Plan sieht vor, die Menschheit zu Dehydrieren und Desaltieren, um sie dann auf einen erdähnlichen Planeten namens Elpisonia zu evukieren. Doch noch bevor es ein Abstimmungsergebnis hat, tritt der Ernstfall ein, die Raumschiffe verlassen notfallmässig die Erde in Richtung Elpisonia, einsam und verlassen verpassen Sulamit Hahnemann (ANNETTE SCHÖNMÜLLER) und ein weiterer Mann (Johnny: CHRISTINA DALETSKA) den letzten Transport und müssen so wieder zu einer persönlichen medienlosen Kommunikation finden. Sie nähern sich an, als doch plötzlich eines der Raumschiffe zurückkehrt und auch den beiden eine Chance der Evakuierung bietet – das bleibt dann aber offen. Will man das? Dort weiter machen, wo man aufgehört hat? Oder will man zurückgelassen auf der nun menschenleeren Erde bleiben und einen Neubeginn wagen? Umgesetzt hat Regisseur CHRIS KONDEK diese grundlegende Frage – wo die Menschheit denn hin will – als schräge Komödie, die aber durchaus viele ruhige, sanfte, poetische Momente (die in der Musik durchaus vorhanden sind) zulässt. Das spielfreudige Ensemble steckt in phantasievollen Kostümen von SONJA FÜSTI, spooky und düster der Auftritt von mit Schmuck behängten Endzeit-Mutanten mit ihren Masken – eine Dystopie par excellence. Die Musik von MICHAEL PELZEL bietet viel mehr als nur moderne Klänge und eine interessante Instrumentierung (mit allerlei interessantem Schlagwerk – Glocken, Gläser, Gongs sowie Spielzeugklaviere, Giesskannen, Schläuche oder eben den Weltraumklängen einer Glasharmonika). Die Sänger werden rhythmisch sehr gefordert, haben aber dennoch auch die Möglichkeit langer Phrasen und „Schöngesang“ zu zeigen zum Beispiel Schönmüller und Daletska in einer Art Liebesgesang während ihrer Annäherung am Schluss – sphärisch und schön!! JONATHAN STOCKHAMMER und das ENSEMBLE OPERA NOVA holen sämtliche Klangfarben und noch so kleinste schillernde Töne aus Pelzels Partitur und man sieht ihnen förmlich die Lust an, diese neue Musik an der besuchten Premiere zum Klingen zu bringen. „Last Call“ ist nach der Uraufführung „Der Traum von Dir“ von Xavier Dayer im Jahr 2017 bereits die zweite Auftragsvergabe des Opernhauses Zürich für eine Kammeroper an einen Schweizer Komponisten – lobenswert und erneut sehenswert!

 

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