Eduardo Lago – Brooklyn soll mein Name sein.

Dem Kröner Verlag ist es zu verdanken, dass nun eine deutsche Übersetzung von „Brooklyn soll mein Name sein“ vorliegt, das späte Debüt des hier gänzlich unbekannten Autors Eduardo Lago. Und dieser preisgekrönte Roman hat es in sich…

Eduardo Lago wurde für diesen Roman 2005 mit dem spanischen Buchpreis Premio Nadal ausgezeichnet und bietet eine immense Bandbreite an Geschichten aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln, mal witzig und heiter, stellenweise sehr melancholisch, immer interessant und neue Fragen aufwerfend. Das macht die Lektüre so interessant, auch wenn es zugegebenermassen etwas braucht, bis man sich zurecht findet und sich häufig fragt, was das eigentlich soll und wohin diese literarische Reise wohl führen wird. Im Grunde genommen kommt es einem vor, wie ein einziges grosses Rätsel, auf dessen Lösung man wartet, wie eine Collage, die man selbst zusammen basteln muss.

Eine Bar in den Docks von Brooklyn, bevölkert von einer Ansammlung seltsamer Gestalten, Seeleute, Einwanderer, Ausgestoßene, allesamt Heimatlose, von den Widrigkeiten der Welt an diesen Ort gespült, wo sie unter ihresgleichen ein Stück Heimat wiederzufinden hoffen. Der Kapitänstisch ist reserviert für Gal Ackerman, einen Schriftsteller, der mit dem Roman seines Lebens eine einzige Leserin zu erreichen sucht: Nadja Orlov, seine seit Jahren verschollene große Liebe. Gals Existenz umgibt ein großes Geheimnis, das Raum und Zeit übergreift, zurückreicht bis in die Zeit des Spanischen Bürgerkriegs. Nach seinem Tod ist es an seinem Freund Ness, das Geheimnis seines Lebens Stück für Stück zu entschlüsseln und auf diese Weise seinen Roman zu Ende zu schreiben. (Kröner Verlag)

Dieser Roman über einen Roman ist kein schnelles Lesefutter, vielmehr ist es Literatur, für die man sich Zeit nehmen muss. Ideal also für dunkle Herbstabende auf der Couch. Und man muss sich darauf einlassen können, denn viele Dinge erschliessen sich dem Leser erst sehr spät oder auch gar nicht. Das hinterlässt stellenweise ein leicht unbefriedigendes Gefühl, aber ingesamt gesehen, findet man es fast schade, wenn man am Ende angelangt ist und diesen ganz eigenen Kosmos wieder verlassen muss. Das fühlt sich dann an, als wäre eine sehr schöne Reise zu Ende. Was bleibt, ist dieses sehr gute Gefühl, an etwas Schönem teilgenommen zu haben.

„Brooklyn soll mein Name sein“ von Eduardo Lago, 2021, Kröner Verlag, ISBN 978-3-520-62401-7 (Werbung)

Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Kröner Verlag sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.

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