Die Zeit des coronabedingten Kulturverzichts ist vorbei. Hurra. In der Tonhalle Zürich gibt es nun zum Saisonfinale spontan doch noch 12 Kurzkonzerte mit Chefdirigent und Music Director Paavo Järvi am Pult des Tonhalle Orchesters und einem Programm in kleineren Besetzungen…
Was für ein Auftakt mit Paul Dukas‘ Fanfare zu seinem Ballett «La Péri» und den Blech-Bläsern stehend auf der Empore – nach so langer Zeit der Konzert-Abstinenz ein bewegender und emotionaler Moment. Im Ballett kündigt diese Fanfare Alexander den Grossen an. Hier in diesem Konzert freut man sich, endlich wieder Musik live erleben zu dürfen. Voller Energie und sauberst geblasen bis zur letzten Note wird man von diesem sehr kurzen Stück als Konzertbesucher begrüsst. Und merkt, wie sehr man ein derartiges Erlebnis vermisst hat. Bevor es mit Strawinskys herrlichem Kammerkonzert weitergeht, ein paar Worte in den spärlich besuchten Saal gerichtet von Intendantin Ilona Schmiel. Im Saal geschätzt ca. 150 Musikliebhaber zur Mittagszeit um 12.15 Uhr, insgesamt gingen aufgrund des Schutzkonzeptes bei diesen Konzerten nur 1/5 der Plätze (1220) in den Verkauf. Auf dem Podest ein gut gelauntes und hervorragend musizierendes Tonhalle-Orchester in kleinerer Besetzung und légère mit schwarzen T-Shirts und schwarzem Sakko. Beim Einlass werden Schutzmasken abgegeben, stilvoll in weiss und dezentem Logo des Tonhalle Orchesters Zürich. Das folgende Kammerkonzert Strawinskys ist ein Auftragswerk von 1937 und wurde nach dem Landsitz „Dumbarton Oaks“ der amerikanischen Mäzene Mildred und Robert Woods Bliss benannt. Musikalisch greift das ebenfalls relativ kurze dreiteilige Werk Bachs Drittes Brandenburgisches Konzert auf, erst im letzten Satz sind deutlich die Strawinskyschen Beats zu hören, die man unter anderem aus „Sacre“ kennt – tolle Musik. Die Akustik im Saal ist auch bei diesen kleineren Besetzungen hervorragend und äusserst differenziert, ein leichter sommerlicher Klang durchzieht den Raum, voluminöse grosse Besetzungen vermisst man in keinster Weise.
Paul Dukas – Fanfare zu „La Péri“ • Igor Strawinsky – Concerto Es-Dur „Dumbarton Oaks“ • Richard Strauss – „Der Bürger als Edelmann“ op. 60, Orchestersuite
Den Abschluss dieses Konzertes bildet die Orchestersuite „Der Bürger als Edelmann“ von 1920, von Richard Strauss ursprünglich als stundenlange Opern/Schauspielmischung „Ariadne auf Naxos“ geplant, aber prompt beim Publikum durchgefallen und somit als Suite bestens zweitverwertet – die heutige Ariadne-Fassung hat sich ja ebenfalls auf den Bühnen bis heute bewährt. Ein interessantes Stück mit virtuosen Soli und etwas Walzerseligkeit, hier brillieren unter anderem die erste Konzertmeisterin Julia Becker (Violine) und der Solist Thomas Grossenbacher am Violoncello. Auch die einsetzenden Flöten im sehr barock klingenden Teil VII tänzeln wunderbar frisch und fröhlich nach den zu Beginn sehr getragenen gefühlvollen Streichern. Wunderbar! Man kann den neureichen „Bürger“ förmlich sehen, wie er gerne in „adlige Kreise“ aufsteigen möchte und dabei doch immer ein Tölpel bleibt. Vor dem Finale dann noch die Speisekarten-Zitate aus Wagners „Rheingold“ und natürlich den eigenen Werken „Don Quixote“ und „Der Rosenkavalier“. Und schon ist die kurzweilige Stunde vorbei und man ist beseelt, endlich wieder wunderbar live gespielte Musik erlebt zu haben. Wie habe ich das vermisst!
Zuletzt besuchte Konzerte:
Noseda/Chamayou – Dvorak/Ravel/Strauss – Tonhalle MAAG 18.12.2019
Weilerstein/Weilerstein – Britten/Schostakowitsch – Tonhalle MAAG 6.12.2019
Holliger/Kopatchinskaja – Holliger/Zimmermann – Tonhalle MAAG 29.11.2019
Järvi/Kuusisto – Sibelius/Tschaikowsky/Tüür – Tonhalle MAAG 30.10.2019
Järvi/Fröst: Tschaikowsky/Copland – Tonhalle MAAG 27.10.2019
Paavo Järvi: Pärt/Sibelius – Tonhalle MAAG 04.10.2019
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