Michael Theurillat – Lenz.

Krimis mit viel Lokalkolorit erlebten in den letzten Jahren einen Riesenboom, ein Ende nicht abzusehen. In der Schweiz, in Zürich, war Michael Theurillat mit seinem eigenwilligen, aber doch sehr sympathischen Kommissar Eschenbach wohl einer der ersten, die damit Erfolg hatten…

Mit „Lenz“ hat Theurillat seinen mittlerweile sechsten Krimi in dieser Reihe vorgelegt und einmal mehr liest man ihn mit grosser Freude, sind einem doch sämtliche Protagonisten bestens vertraut. Da ist erneut die, manchmal etwas zickig erscheinende, gute Seele des Kommissariats Rosa Mazzoleni oder der ewig mumpfelige Claudio Jagmetti und natürlich – dieses mal sogar selbst in den Fall involviert – der ehemalige Kollege und Freund Eschenbachs und Namensgeber dieses Falles: Ewald Lenz, pensionierter Archivar der Dienststelle. Zunächst weiss man nicht so recht, um was es geht, aber nach und nach führen die unterschiedlichen Fäden und (dieses mal auch sehr internationalen) Handlungsstränge zueinander und das grosse Ganze erschliesst sich dem Leser…

Kommissar Eschenbach hat eine Auszeit genommen. Als er nach Monaten wieder in Zürich ankommt, ist alles anders. Tochter Kathrin ist bei ihm ausgezogen, und seine Vertretung – die kühle, distanzierte Ivy Köhler – bleibt im Dezernat und sagt ihm den Kampf an. Der größte Schock ist jedoch, dass sein alter Freund und Kollege Ewald Lenz verschwunden ist – und unter Terrorverdacht steht. Lenz soll mit seinem enormen Insiderwissen und seinen technischen Fähigkeiten die Seiten gewechselt haben, und Ivy Köhler hat ihn deshalb zum Abschuss freigegeben. Kommissar Eschenbach gerät zwischen die Fronten. (Ullstein Verlag)

Dieser Fall ist relativ politisch und das muss man mögen. Es geht um die Hintergründe des Syrienkrieges, die Verstrickungen von Russland, den USA, Arabien und selbstverständlich auch europäischer Länder und Regierungen. Auch Machenschaften des Schweizer Nachrichtendienstes werden im Laufe der Handlung immer deutlicher und tangieren letztendlich Eschenbach auch persönlich. Vieles erscheint mir ein wenig an den Haaren herbeigezogen und sehr konstruiert. Aber wer weiss das schon. Zu den bisher erschienen Eschenbach-Romanen von Theurillat „Im Sommer sterben“, „Eistod“, „Sechseläuten“, „Rütlischwur“ und „Wetterschmöcker“ hatte ich einen besseren Zugang, sie waren mir sympathischer. Dennoch, alleine der mittlerweile liebgewonnenen Figuren wegen, wird Theurillat wohl weiterhin auf meiner Krimi-Leseliste bleiben – alleine schon wegen Eschenbachs kurzen Abstechern auf einen Espresso bei „Sprüngli“…

„Lenz“ von Michael Theurillat, 2019, Ullstein Verlag, ISBN: 978-3548061078 (Werbung)

Zuletzt gelesen:

Elizabeth Strout – Mit Blick aufs Meer

Benjamin Quaderer – Für immer die Alpen

Anne Enright – Die Schauspielerin 

Éric Vuillard – Der Krieg der Armen

Theres Essmann – Federico Temperini

Rebecca Makkai – Die Optimisten

Frédéric Martel – Sodom. Macht, Homosexualität und Doppelmoral im Vatikan

 

5 Kommentare

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