Eigentlich dachte man, die Zeit der Compilation-und Jukebox-Musicals sei vorbei, falsch gedacht – „&Juliet“ vereint seit der Premiere im Jahr 2019 Songs des schwedischen Pop-Hit-Produzenten MAX MARTIN und ist eine witzige und sehr unterhaltsame Feel-Good-Show, deren Charme und Energie man sich nicht entziehen kann…
„&Juliet“ stand keineswegs auf unserer Watchlist, jedoch haben wir vor einigen Jahren mit „Legally Blonde“ die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, willkürlich eine Show, die gerade Half-Price angeboten wird, zu buchen und sich überraschen zu lassen. „Legally Blonde“ hat uns damals unverhofft super gut gefallen und ist uns immer noch temporeich und witzig in Erinnerung. „&Juliet“ war ein ebensolcher Glücksgriff. Wie bei „Mamma Mia“ funktioniert die Show natürlich deswegen so gut, weil man bei (fast) jedem Song mitsingen kann. Max Martin hält mit seinen Kompositionen für Britney Spears, die Backstreet Boys, Katy Perry, Kelly Clarkson, Taylor Swift, Ariana Grande, Pink, Celine Dion, NSYNC, Justin Timberlake etc. den Weltrekord an Nummer-eins-Singles in den Billboard-Charts und es gibt so unglaublich viele Momente der Show, bei denen man das Gefühl hat, sie sind genau für diesen speziellen Moment geschrieben (herrlich z.B. Britney Spears‘ Coming-of-Age-Song „I am not a girl, not yet a woman“ oder „Oops… I did it again“). Das Musical knüpft an den ikonischen Moment am Ende der legendären Liebesgeschichte von William Shakespeares „Romeo und Julia“ an. Anstatt den letzten, tödlichen Akt des Stücks zu vollziehen, legt Julia ihren Dolch nieder und macht sich auf die Suche nach einem besseren Leben. Zusammen mit der Amme geht sie mit einer Gruppe von Freunden nach Paris und nimmt ihre Geschichte selbst in die Hand. Den grossen Bogen dazu bildet – mit herrlich witzigen und temporeichen Dialogen und Auseinandersetzungen – das Paar William Shakespeare (OLIVER TOMPSETT) und Anne Hathaway (CASSIDY JANSON), die sich selbstbewusst nicht mit dem tödlichen Schluss von „Romeo und Julia“ abfinden will und anfängt die Story neu zu schreiben, später greift William dann selbst nochmals zur Feder und so schlingert eine komplett neue und turbulente Handlung durch die knapp 3 Stunden Aufführungsdauer. Nach „Kiss me Kate“ („Der widerspenstigen Zähmung“) und „West Side Story“ („Romeo & Julia“) eine weitere Shakespeare’sche Musical-Adaption, aber mit weitaus mehr politischem Impact. Es geht um die Selbstbehauptung von Frauen, es geht um Genderfluidität – es geht darum, dass jede/r ok ist, so wie sie/er ist. Das ist das Credo von „&Juliet“. Die Show hat Tempo, einen tollen Cast mit vielen witzigen Rollen wie etwas das „Buffo-Paar“ MALINDA PARRIS (als Julias Amme) und NICOLAS COLICOS (als Francois mit köstlichem Akzent) oder den schwulen genderfluiden Freund Julias mit seiner Liebe: JOE FOSTER als May und BILLY NEVERS als Lance. Dazu TOM FRANCIS als Romeo, dessen erster Auftritt (nach seiner neu geschriebenen Auferstehung) der Knaller ist, wenn er als etwas blasierter und aalglatter Schönling vom Schnürboden mit „It’s my Life“ hereinschwebt. Und natürlich die unglaublich starke titelgebende Powerfrau ZARA MACINTOSH als Julia, die – selbstverständlich und nicht anders zu erwarten – dann ihre Entscheidungen trifft und einen eigenen Weg einschlägt. Eine absolut unterhaltsame Matinee-Show, wir haben gelacht und gesungen, gejubelt, stellenweise Tränchen weggedrückt. Ganz wie es sein soll. What a wonderful suprise!
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