Endlich! 27 Jahre nach der Uraufführung ist nun auch in der Schweiz die legendäre englisch-sprachige Original-Inszenierung vom Londoner West-End auf der Bühne zu erleben. „Miss Saigon“ war die Nachfolgeproduktion des Produzenten Cameron Macintosh mit den Machern von „Les Misérables“ – Alain Boublil und Claude-Michel-Schönberg. Die hervorragend besetzte UK-Tourproduktion begeisterte das Premierenpublikum im Zürcher Theater 11…
Anders, als bei den häufig von den Veranstaltern forcierten Standing Ovations (was mir persönlich total auf den Keks geht) standen bei dieser Premiere die Zuschauer bereits nach dem Verklingen der letzten Takte und noch vor der Applausordnung auf und zeigten ihre ehrliche Begeisterung für diesen Abend – das spricht für sich. Denn nach einem sehr baladenlastigen ersten Teil, war der zweite Teil nach der Pause wirklich packend und hat den Zuschauer auf einen emotionalen Trip mitgenommen, dem man sich selbst als hartgesottener Zuschauer nicht entziehen konnte – das Stück und seine Musik bewegt und rührt zu Tränen. Was will man mehr in der sowieso rührseligen vorweihnachtlichen Zeit?
Die letzten Tage des Vietnamkriegs: Die 17 jährige Kim muss in einer Bar in Saigon arbeiten, die dem berühmt-berüchtigten «Engineer» gehört. Dort trifft sie auf den amerikanischen Soldaten Chris und sie verlieben sich ineinander. Als sich die militärische Lage zuspitzt ist Chris gezwungen mit den US-Streitkräften Saigon zu verlassen. Während drei Jahren sucht Kim verzweifelt einen Weg zurück zu ihrem Geliebten, welcher keine Ahnung hat, dass er einen Sohn hat… (Musical.ch)
Basierend auf der französischen Novelle „Madame Chrysanthemum“ (welche auch die Vorlage für Puccinis „Madama Butterfly“ bildet) haben die beiden Schöpfer Boublil und Schönberg ein Musical geschaffen, das stilistisch natürlich sehr an ihren erfolgreichen Vorgänger „Les Misérables“ erinnert und mehr oder weniger durchkomponiert ist und keine langatmigen Dialoge enthält. Das schafft (vor allem nach der Pause) eine immense Sogwirkung, der man sich nicht entziehen kann. Der erste Teil ist geprägt von der Entstehung der Beziehung zwischen Kim und Chris und aufgrund der unzähligen Balladen („Sun and Moon“, „Why God why?“…) teilweise etwas zäh, lediglich unterbrochen durch die bildstarke grosse Ensemblenummer „The Morning of the Dragon“. Nach der Pause dann – spätestens bei „Kims Nightmare“ – nimmt einen die Story gefangen und natürlich wartet jeder auf den wohl bekanntesten Moment dieser Show, wenn der Helikopter auf der Bühne landet, um die letzten GIs aus dem Lager abzutransportieren, zurück bleiben Kim und ihr Sohn, hoffnungsvoll wartend auf die Rückkehr von Chris. Star des Abends ist zweifellos LEO TAVARRO VALDEZ als „Engineer“, leider am Premierenabend etwas heisser und hörbar angeschlagen, dennoch unglaublich präsent bis zum Schluss in seiner grossen Nummer „The American Dream“, bei der nochmals sämtliche Effekte aufgefahren werden, die ein grosses Musical zu bieten hat. SOOHA KIM (Kim) und ASHLEY GILMOUR (Chris) sind absolut glaubwürdig und hervorragend besetzt, ebenso in den vielen weiteren Rollen ELANA MARTIN (Ellen), RYAN O’GORMAN (John), AICELLE SANTOS (Gigi) und GERALD SANTOS (Thuy).
Bemerkenswert, dass Cameron Mackintosh diese Produktion mit einem derart grossen Cast auf Tournee schickt, für den Zuschauer ist das natürlich grossartig und überhaupt wirkt der Abend eher wie eine grosse sit-down-production und in keinster Weise – wie sonst oft üblich – fürs Touring abgespeckt. Eine sehr sehenswerte Produktion!!!
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