Rigoletto – Oper Zürich 20.01.2019

In der Wiederaufnahme von TATJANA GÜRBACAs minimalistischem „Rigoletto“ an der Oper Zürich gab es ein hocherfreuliches Wiedersehen mit der wunderbaren ROSA FEOLA, die mir bereits 2018 in der Produktion der Bayerischen Staatsoper München als Gilda so gut gefallen hat…

Die Inszenierung von Tatjana Gürbacas erster Inszenierung (von 2013) am Opernhaus Zürich geht keine Kompromisse ein und bringt es auf den Punkt. In klaren und deutlichen Bildern zeigt sie eine männerdominierte Gesellschaft, bei der die Frauen keine Rolle spielen und hauptsächlich als Objekt be- und misshandelt werden. Die Schaltzentrale der Macht befindet sich an einem langen Konferenztisch, der für sämtliche Orte der Handlung dienen muss. Hier sitzen die Mächtigen, die Verwalter des Landes, die Anhänger und Seilschaften des Herzogs von Mantua, der sich jedoch nur für seine Liebschaften interessiert. Klar und deutlich wird dies am Ende, wenn die Chorherren sich die Kronen aufsetzen und zeigen, wer das Land tatsächlich regiert. Der König amüsiert sich (so auch der Titel der Vorlage: „Le roi s’amuse“ von Victor Hugo) derweilen und so ist Gilda wohl auch nur eine von vielen seiner Liebschaften. Durch die starke Reduktion im Bühnenbild dominiert das Geschehen umso deutlicher, Aggressionen und sexuelle Übergriffe sowie ungezügelte Lust ist in all seiner drastischen Klarheit zu sehen und so wird dieser „Rigoletto“ zu mehr als einem bunten Potpourri altbekannter (und teils durch Fernsehwerbung sehr abgenutzter) Musik. Die Männerwelt in langweiligen, fast schon biederen Anzügen, die typischen Schlipsträger eben, dazu die Frauen mit leuchtenden Signalfarben und als Geschenk vom Herzog erhält Gilda ein glitzerndes Tutu. Rosa Feola als Gilda ist eine leidenschaftlich Liebende mit wunderbarer Strahlkraft in der Stimme, ihre Bedienstete Giovanna (ASAHI WADA) hingegen ist offensichtlich genervt davon und lackiert sich lieber gelangweilt die Fingernägel, während Sie an ihrer Zigarette zieht – Fürsorge sieht anders aus. Und so ist jeder mit sich selbst beschäftigt und niemand realisiert, was vor sich geht. Das Ende in diesem Spiel ist unausweichlich und als Zuschauer fragt man sich schon ein wenig, warum Gilda sich für diesen oberflächlichen, frauenverschleissenden Herzog opfert…? Das Schlussbild mit der blutverschmierten Gilda – eingerollt in Plastikfolie auf dem nackten Tisch – bleibt lange haften. Ein szenisch starker Abend mit einer grossartigen Sängerbesetzung, allen voran ISMAEL JORDI als Duca di Mantova (höhensicher, aber manchmal ein klein wenig zu stark auftragend, hier wäre weniger etwas mehr gewesen) und QUINN KELSEY in der kraftstrotzenden und gar nicht missgestalteten Titelrolle des Rigoletto (im Vergleich zu seiner Tochter vielleicht ein wenig zu jung besetzt?). Interessant der Sparafucile von PAVEL DANILUK, der wenig böse erscheint, eher den professionellen und unemotionalen Auftragskiller gibt. Am Pult stand der junge spanische Dirigent GUSTAVO GIMENO. Die Klänge aus dem Graben in dieser Vorstellung entsprachen nicht unbedingt dem erwarteten Verdi-Klischee, vielmehr war eine gewisse Härte zu spüren, die aber sehr gut zur klaren und überdeutlichen Bildsprache des Bühnengeschehens passte. Eine sehr stimmige Vorstellung.

„Rigoletto“ von Giuseppe Verdi (1813 – 1901)

4 Kommentare

  1. FEL!X

    Meine Schwester hat mir gerade von der Rigoletto-Vorstellung in ZH berichtet: sie war ebenfalls hell begeistert!
    Weniger amused war sie vielleicht vom Ticket-Preis, der sich mit CHF 168 zu Buche schlug. Ja, Kultur kann teuer sein!

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    1. arcimboldis_world

      Naja – das ist eben Zürich. Dabei ist das ja noch nicht einmal die teuerste Preiskategorie, die normalerweise bei 230 CHF liegt. Und obwohl natürlich all diese Häuser sehr hoch subventioniert sind, kostet das eben seinen Preis. Das ist eben vielen Leuten nicht bewusst, dass für eine derartige Produktion sehr viele Leute arbeiten und auch adäquat bezahlt werden müssen – es stehen immer nicht nur die Künstler auf der Bühne, sondern sehr viele Menschen in den Werkstätten, Vorderhaus, Technik, Verwaltung etc. – ja, das hat klar seinen Preis, in der Schweiz sowieso. Aber das muss es unserer Gesellschaft wert sein! Es gibt aber z.B. an der Oper Zürich viele Vorstellungen als Volksvorstellung, bei denen die Tickets in der teuersten Kategorie 75 CHF kosten.

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