Dutoit/Argerich: Ravel/Schumann/Beethoven – Tonhalle Zürich 22.11.2023

Mit einem Konzert der neuen Konzertreihe von Hochuli-Konzerts eröffne ich meine ganz persönliche Konzertsaison. In diesem Jahr relativ spät, das ist der langen Sommerabwesenheit geschuldet. Und packender hätte dieser Auftakt nicht sein können – die beiden Titanen CHARLES DUTOIT und MARTHA ARGERICH geben gemeinsam mit den jungen Musikern der EUROPEAN PHILHARMONIC OF SWITZERLAND ein fulminantes Konzert mit Ravel, Schumann und Beethoven…

Das EPOS wurde 2015 von Mitgliedern des Gustav Mahler Jugendorchesters gegründet und besteht aus jungen Orchestermusiker:innen zwischen 20 und 35, die grossenteils fest in europäischen Spitzenorchestern engagiert sind und ein bis zwei mal jährlich zusammen kommen, um zu musizieren – mit Argerich und Dutoit ist es nicht die erste Zusammenarbeit. Das Konzert beginnt mit Ravels „Le Tombeau de Couperin“, eine Replik auf die gesamte Französische Musik des 18. Jahrhunderts und ist ein eher dahin plätscherndes gefälliges Werk, zudem wartet natürlich jeder im Saal auf Martha Argerich. Dutoit zeigt aber bereits gut gelaunt, wie harmonisch die Arbeit mit dem Orchester funktioniert, hervorragend die einzelnen Soli der Holzbläser oder der Harfenistin. Und dann kommt SIE: Argerich, die ich zuletzt am Lucerne Festival mit Beethovens 1. Klavierkonzert hören durfte, ist mit ihren 82 Jahren immer noch eine Wucht am Flügel. Ausdrucksstark, kraftvoll und dennoch voller Bescheidenheit zelebriert sie das nicht einfach zu spielende Klavierkonzert Schumanns. Ich gebe zu, ich bin kein grosser Schumann-Fan, aber Argerich und Dutoit überzeugen mit ihrer Interpretation vollends. Hier zahlt sich die langjährige Verbundenheit dieser beiden Künstler:innen aus. Auch wenn nach dem Klavierkonzert der Applaus für Martha Argerich nicht enden will, gibt sie dennoch nur eine Zugabe, aber alleine dafür hat sich der Konzertbesuch gelohnt, dieses Kleinod „Von fremden Ländern und Menschen“ aus Schumanns Kinderszenen berührt wirklich sehr.

Maurice Ravel: Le Tombeau de Couperin – Robert Schumann: Klavierkonzert a-Moll op. 54 – Zugabe Martha Argerich: Robert Schumann: Von fremden Ländern und Menschen aus Kinderszenen op. 15 – Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92 – Orchesterzugabe: Maurice Ravel: Pavane pour une infante défunte

Nach der Pause dann Beethovens 7. Sinfonie mit dem immer wieder bewegenden 2. Satz, an dem man sich nicht satt hören kann. Beim ersten Satz ist für meinen Geschmack ein zu behäbiger Beethoven zu hören, danach nimmt das Konzert dann rasant Fahrt auf, furios das Finale, die Musiker wie im Rausch, diese unbändige Energie der temporeichen Schluss-Sequenz überträgt sich in den Saal. Das ist die Qualität von Dutoit, er schafft es die Schönheit der Musik offenzulegen, ohne gross zu übertreiben, vollends eine Einheit mit den Musikern dirigiert er diesen Beethoven auswendig. Wundern muss man sich aber schon ein wenig, wie die mehrfachen #metoo Anschuldigungen gegen Dutoit und das Ende der Zusammenarbeit mit einigen Orchestern so plötzlich überhaupt kein Thema mehr ist und man ihn (mit seinen 87 Jahren) wieder am Pult stehen sieht. Das Publikum ist begeistert und erhält als Orchesterzugabe Ravels „Pavane pour und Infanterie défunte“, was für ein schöner Ausklang in den späten Abend. Glückliche Momente zum Saisonauftakt!

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