Die Kunst von Balthus löst aufgrund der heftig diskutierten Bilder junger Mädchen immer Kontroversen aus, dabei ist sein vielseitiges und facettenreiches Schaffen unbedingt einen Ausstellungs-Besuch wert, seine Bilder sind spannungsreich, teilweise fast surreal, manchmal sehr rätselhaft…
Der Besuch der umfassenden Retrospektive im Herbst 2018 in der Fondation Beyeler in Riehen hat sich sehr gelohnt. Balthus (Balthasar Kłossowski de Rola) wurde 1908 in Frankreich geboren und starb fast ein Jahrhundert später 2001 in den Schweizer Alpen.
Gleich im ersten Saal empfängt den Besucher ein sehr bekanntes Frühwerk von Balthus mit interessanter Perspektive: „Place de l’Odeon“ von 1928. Je häufiger man daran vorbei geht und einen Blick darauf wirft, umso mehr Dinge sind zu entdecken. Hier sieht man seine Lust an der Inszenierung, ebenso wie in „La Rue“ von 1933, hier sieht der Betrachter in den Handlungen der Figuren des Bildes, was er sehen möchte – Gewalt oder einfach nur ein zufälliges Anrempeln? Das ist spannend. Ebenso wie die vielen Bilder und Portraits von Frauen und jungen Mädchen…
Eines meiner Lieblingswerke der Ausstellung: „La jupe blanche“
Natürlich ist man sehr gespannt auf das Gemälde „Thérèse rêvant“ von 1938, welches in letzter Zeit sehr in den Medien war, aufgrund einer online-Petition, dass dieses Bild von 1937 im MOMA entweder abgehängt oder mit einem klärenden Bildkommentar versehen werden muss/soll. Das hat natürlich eine grosse Diskussion losgetreten. Sieht man sich dann das Bild an, so kann man selbstverständlich sehen, was viele darin sahen – Liebe zu jungen Mädchen (aber nicht unbedingt pathologisch). Man kann aber auch einfach ein natürliches Wesen mit kindlicher Unbekümmertheit entdecken, ohne sofort die Erotik wahrzunehmen. Die Debatte entfachte eine grosse Diskussion über die Freiheiten und Grenzen der Kunst. Im Rahmen der Ausstellung hat die Fondation hierzu dann auch entsprechende Diskussionen angeboten. Es ist vernünftig und sinnvoll, sich mit diesen Themen öffentlich auseinanderzusetzen, aber aufgrund dieser zunehmenden erschreckend biederen Moraldebatten, kann man Bilder mit Nacktheit, Erotik oder sonstigem eventuell für manche Menschen anstössigem Motiv nicht einfach aus den Museen entfernen – diese wären dann teilweise leer… – wo kämen wir hin?
Leider wird Balthus häufig sehr auf die Darstellung junger Mädchen reduziert, dabei gibt es noch so viele andere wunderschöne Werke von ihm zu entdecken. Insgesamt hat er nie die grosse breite Anerkennung und den entsprechenden Bekanntheitsgrad erfahren, obwohl er zu den grossen Meistern des 20. Jahrhunderts zählen dürfte. Mit der Schweiz war Balthus immer sehr verbunden, hat er doch die letzten Jahrzehnte seines Lebens in Rossinière verbracht, war eng mit Alberto Giacometti befreundet.
Die Ausstellung „Balthus“ war in der Fondation Beyeler in Riehen vom 02.09.2018 – 01.01.2019 zu sehen. Gezeigt wurden 40 Hauptwerke aus allen Schaffensperioden: „Porträts, Interieurs, Landschaften, Strassenszenen, die die Vielschichtigkeit und Vieldeutigkeit von Balthus‘ Kunst vor Augen führen“ (Zitat Ausstellungsbooklet der Fondation Beyeler, Riehen).
Zuletzt besuchte Ausstellungen:
Franz West – Centre George Pompidou Paris
Bruce Nauman – Schaulager Basel
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