Da ist es wieder, dieses glücklich machende Pollesch-Gefühl…. und einmal mehr geht man nach ca. 100 Minuten Text-Collagen-Erguss sehr befriedigt aus dem Saal nach Hause. Das neue Stück „Ich weiss nicht, was ein Ort ist, ich kenne nur seinen Preis (Manzini-Studien)“ von RENE POLLESCH kommt mit nur 3 Darstellern und einem grossen Gorilla mit dem Namen Max (= Partialelement) aus. Kein Chor, kein sonstiges Brimborium, dafür aber interessante Betrachtungen und sehr coole Musik…
Die drei Schauspieler*Innen MARIE ROSA TIETJEN, KATHRIN ANGERER und MARTIN WUTTKE wundern und fragen sich zu Beginn des Stückes, ob es das nun war – sie kommen direkt aus einer Vorstellung des Shakespearschen „Sommernachtstraum“, die sich von anfangs gefühlten 6 Stunden Vorstellungsdauer bis zum Schluss auf gefühlte 48 Stunden steigert. Dabei stellen sie fest, sie können gar nicht mehr über das Leben nachdenken, da sie eh bereits alles vergessen haben und wie Kathrin Angerer gleich mehrfach betont: „Alles Leben ist ein Prozess des Niedergangs“. 100 Minuten wird in der Affenhand geturnt und geredet und versucht eine angenehme Schlafposition zu finden, werden die Kostüme, Perücken und Bärte gewechselt und philosophiert. Offensichtlich ist es gerade sehr beliebt, Stücke mit einem Revuetheater-Glühbirnen-Portal auszustatten, nach „Sweeny Todd“ (Oper Zürich) und „Nussknacker und Mausekönig“ (Ballett Zürich) nun also auch bei Herrn Pollesch ein herrlich kitschig-leuchtendes Portal der Bühnenbildnerin BARBARA STEINER, zusammen mit dem toll-funkigen Arrangement von Richard Strauss‘ „Also sprach Zarathustra“ und weiteren Perlen der Showmusik ein passender Rahmen für die grossen Auftritte King Kongs, übermächtig und omnipräsent.
Man stellt sich – wie immer bei Pollesch – grundsätzliche philosophische Fragen und diskutiert auf hochintelligente Art und Weise darüber, springt von einem Moment auf den anderen von Thema zu Thema, um dann doch wieder beim Ursprung zu landen. Das ist herrlich kurzweilig, amüsant und klug zugleich. Dazwischen immer wieder Zitate aus dem Leben Bühnenschaffender, Zitate lebender und toter Autoren – da geht es um Anschlussfehler beim Film, um Brüche oder den Knacks oder auch darum, dass Otto Sander in einen einzigen Monolog 150 Schaltungen packen konnte. Und dazwischen ein herrliches Solo der dramatisch jammernden und sich in der Gorilla-Hand räkelnden Kathrin Angerer über ihre Erlebnisse in der Autowaschanlage. Die Themen wechseln, leichtfüssig kommt dieser Abend daher, ist er aber nicht, viel Tiefgründiges ist vorhanden, bleibt aber häufig bewusst unter der Oberfläche verborgen. Daran kratzen dann immer wieder die drei wunderbaren Schauspieler*Innen Angerer/Tietjen/Wuttke. Aber wie gewohnt führt ein Pollesch-Stück nirgendwo hin, es beginnt, es wird geredet, es endet irgendwann. Und dann geht man gut gelaunt nach Hause.
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