Buch-Klassiker des 19. Jahrhunderts #2 – „Madame Bovary“ von Gustave Flaubert.

Was für ein Roman! Nach so vielen Jahren habe ich dieses Buch einmal wieder zur Hand genommen und in einem Zuge fertig gelesen. Einmal mehr hat mich diese grossartige Weltliteratur gefangen genommen und in seinen Bann gezogen. Was für eine Geschichte, was für eine Tragödie – diese unglaubliche Sehnsucht nach Romantik und Liebe der immerfort unglücklichen Emma Bovary! Das kommt davon, wenn man zu viel Liebesromane liest…

Emma Bovary ist wohl eine der bekanntesten Ehebrecherinnen in der Literatur und man kann jede ihrer Handlungen verstehen und nachvollziehen, sieht aber auch schon lange im Voraus, dass dies kein gutes Ende nehmen kann. Herzzerreissend ist das. Voller Lust und überschwänglichen Emotionen hat Emma einen unstillbaren Hunger nach Liebe und Leidenschaft und langweilt sich als Arztgattin so sehr, dass sie von einer Schwärmerei und Liebschaft zur nächsten geht und sich selbst und ihren Mann damit in den Abgrund reisst und das Leben ihrer ganzen Familie zerstört. Befriedigung erlangt sie dennoch nie und so hat man eher Mitleid mit dieser Figur als Verständnis. Emma ist im Grunde ohne Talent, hat aber den Ehrgeiz gesellschaftlich aufzusteigen, ihre Vorstellungen für ihre Zukunft erhält sie von trivialer Literatur und gelegentlichen religiösen Phasen, im Gegensatz dazu ist ihr Mann Charles Bovary ein mässig begabter Arzt ohne grosse Leidenschaften (ausser blind vor Liebe für seine Frau) und Ambitionen, er ist zufrieden mit sich und seinem Leben. Natürlich ist er auch ein wenig naiv und leichtgläubig – ihm gegenüber stehen die Lebemänner Léon Dupuis und Rudolphe Boulanger. Eine weitere hochinteressante Person ist der Apotheker Homais, der an gnadenloser Selbstüberschätzung leidet, sich selbst als modern und weltoffen erachtet, aber im Grunde genommen ein fürchterlicher Spiesser ist und beim gesellschaftlichen Abstieg Bovarys diesen nicht mehr als ebenbürtig erachtet und fallen lässt. Dazu gibt es viele kleine Details und interessant gezeichnete Figuren und Begebenheiten, die diesen Roman so bunt und lebensnah erscheinen lassen – diese allzu realistische Schilderung führte auch dazu, dass Flaubert aufgrund des Romans von der Zensurbehörde wegen „Verstosses gegen die guten Sitten“ (unter anderem wegen Verherrlichung des Ehebruchs) angeklagt, dann aber freigesprochen, wurde.

Die wohlbehütet aufgewachsene Emma hat ihre ganz eigene Vorstellung von der Liebe: Romantisch und erfüllend stellt sie sich ihre Zukunft als Madame Bovary vor. Doch ihr Ehemann und das Leben auf dem Lande erweisen sich als Ernüchterung. Aus Lebens- und Liebeshunger entflieht sie der ehelichen Langeweile – und stürzt sich in ein Abenteuer, das unvorhergesehene Konsequenzen nach sich zieht …
Mit Madame Bovary schuf Gustave Flaubert ein Meisterwerk der Weltliteratur.

(Suhrkamp Verlag)

Letztendlich hat Flaubert es aber vermieden, Emma schuldig zu sprechen – ist es doch eher eine Anklage an die Zwänge, unter denen Frauen in jener Zeit standen. Als Ehefrauen hatten sie keinerlei persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und konnten somit nie ihrer bürgerlichen Existenz entfliehen. Als Vorlage diente Flaubert ein realer Selbstmord der Arztgattin Delphine Delamare im Jahre 1848.

„Madame Bovary“ von Gustave Flaubert erschien 1857 und ist im 19. Jahrhundert angesiedelt.

Ich stelle erneut fest, wie viel Freude ich daran habe, all die – vor vielen Jahren gelesenen – Klassiker nochmals zu lesen.. Und dazu kommen ja noch unzählige Romane, die darauf warten, zum ersten Mal entdeckt zu werden….

„Madame Bovary“ von Gustave Flaubert (1821-1880)

BUCH-KLASSIKER DES 19. JAHRHUNDERTS:

#1 – „Sturmhöhe“ von Emily Brontë (wiedergelesen im Juli 2018)

#3 – „Oliver Twist“ von Charles Dickens (neu gelesen im November 2018)

 

5 Kommentare

Diesen Beitrag von arcimboldis_world kommentieren

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