Bringuier/Andsnes – Tonhalle MAAG 16.05.2018

Die letzte Saison von Lionel Bringuier als Chefdirigent des Tonhalle Orchesters Zürich neigt sich langsam – aber stetig – dem Ende entgegen. Schade, denn an einem seiner letzten Konzerte mit dem TOZ und dem Solisten Leif Ove Andsnes dirigierte er nun fulminant Werke von Honegger, Britten und Rimskij-Korsakow…Voller Lust und offensichtlich gut gelaunt steht Bringuier am Pult und lässt den Abend mit dem nur 8 Minuten dauernden Stück  oder – wie Honegger es nennt – mit einem „Mouvement symphonique“ beginnen: „Rugby“ heisst es und wie der Name schon sagt, ist es ein musikalisches Klanggebilde, mit dem der Komponist keinesfalls ein Tongemälde erschaffen wollte, vielmehr soll es eine Beschreibung der zugrundeliegenden Kräfte dieser Sportart, die vermeintliche Unordnung der Rugby-Spieler (im „Knäuel“), in der Musik wiedergeben. Das ist es dann auch, rastlos, ruhelos, bewegt – ein spannendes Stück zum Einstieg in diesen programmatisch irgendwie mysteriösen Abend…

Arthur Honegger (1892-1955) – „Rugby“

Benjamin Britten (1913-1976) – Klavierkonzert D-Dur op. 13

Encore:  Leif Ove Andsnes spielt Debussys „Gärten im Regen“

Nikolaj Rimskij-Korsakow (1844-1908) – „Scheherazade“ op. 35

Direkt im Anschluss an Honeggers „Rugby“ dann das spröde und etwas sperrige, aber sehr interessante Klavierkonzert in D-Dur von Benjamin Britten, der dies in jungen Jahren – nämlich mit 24 – komponierte. Von mir noch nie gehört, leider viel zu selten im Repertoire, bietet es interessante Musiken, wie zum Beispiel als ersten Satz eine Toccata, die Leif Ove Andsnes kraftvoll mit hartem Anschlag und voller Energie zum Besten gibt. Die Bandbreite dieses Konzerts ist weitgefächert, von melancholisch-kraftvollen Walzer-Passagen im zweiten Satz, bis hin zu eben diesen hart pulsierenden Momenten, dann wieder sanftere, teilweise melancholische Klänge beim „Impromptu“ (3. Satz) und als Abschluss dieser morbide und fordernd anklingende Marsch.

Insgesamt gesehen ist die Stückauswahl des Konzerts auch ein Fokus auf die Percussions-Herrentruppe des Orchesters – Rhythmus ist ein grosses Thema bei allen drei Stücken. Mein Sitzplatz an diesem Konzert war ideal gewählt, auf der Galerie direkt über dem Schlagwerk – die grosse Percussions-Besetzung hat bei diesem Konzert einen guten Plausch und viel zu tun – alleine schon lohnend wegen der vielen Tambourin-Einsätze….

Auch der Abschluss des Konzertes nach der Pause hat für den Zuhörer (und auch Zuschauer) viel zu bieten. „Scheherazade“ von Nikolaj Rimskij-Korsakow ist ein orientalisch klingendes Stück mit immenser Sogwirkung und russischer Seele und auch hier bringt Lionel Bringuier das Orchester zur Hochform – sowohl in den sehr sinnlichen Passagen, aber auch wenn das ganze Orchester zu üppigen und fast schon rauschhaften Passagen aufspielt, als würden Sie einen Stummfilmklassiker mit grosser Leinwandgestik untermalen. Grossartige Leistung der Solisten – allen voran der 1. Konzertmeister Klaidi Sahatçi voller Leidenschaft und zärtlicher Hingabe. Im Grunde ist dieses Werk ein „kleines Violinkonzert“. Bravo! Nach gut 2 Stunden dann ein hinreissendes Finale –  das Publikum dankt es mit langanhaltendem Applaus.

„Ballsport, Klavier und Orient“ ist ein wirklich dämlicher Titel für dieses Konzert und eigentlich der totale Abtörner und erneut stelle ich die Frage, warum man nicht auf die Strahlkraft und Qualität der Werke und Komponisten vertraut, sondern sich um derart bescheuerte Titel bemüht. Das ist mir immer wieder ein Rätsel. Ebenso ist mir unverständlich, warum es um Lionel Bringuier diese Kritik, ja fast schon ein leichtes Bashing durch diverse hiesige Kritiker  gab und gibt – bei diesem Konzert hat er (erneut) bewiesen, dass er einen sehr guten Job macht und man wird sehen, ob sein designierter Nachfolger den Vorschusslorbeeren gerecht wird (die man – by the way – Lionel Bringuier zu seinem Antritt damals auch überreicht hat….). Ich freue mich nun sehr auf Bringuiers letztes Konzert (mit der wunderbaren Yuja Wang) im Juni mit Werken von Strauss, Prokofiev und natürlich Ravels „La Valse“, dem Komponisten, für den er vehement eintritt und von dem er mit dem TOZ einige Werke hier in Zürich auf Tonträger eingespielt hat.

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