Faust 1 & 2 – Schauspielhaus Zürich 24.03.2024

Und was fehlt noch in dieser Blogroll der letzten Monate? Die Intendanz Stemann/Blomberg neigt sich dem Ende entgegen, also war es an der Zeit, sich zumindest noch den Faust – Marathon anzusehen, nachdem mich – nach mehreren sehr enttäuschenden Vorstellungen in den letzten Jahren – keine einzige Produktion mehr in den Pfauen gelockt hat…

Es ist sehr lange her, seit ich zuletzt Goethes „Faust“ gesehen habe, als Marathon mit beiden Teilen noch nie, auch weil man immer liest, der zweite Teil sei nicht inszenierbar. Trotz grosser Skepsis freue ich mich auf dieses Happening, zu dem man gutes Sitzfleisch braucht. Es ist ein schöner Nachmittag, dieser 24. März 2024. Es warten gut 8.5 Stunden auf mich. Ein langer Sonntag im Schauspielhaus Zürich. Ich habe mir vorgenommen durchzuhalten und wünsche mir sehr, dass es mir gefällt und eine neue Lust aufkeimt, doch noch ein paar mal während dieser Intendanz ins Schauspielhaus zu gehen. Um es gleich vorweg zu nehmen, ich habe direkt und ohne zu zögern nach „Faust I“ den Pfauen verlassen und hier sieht man mich erst wieder, wenn diese beiden Herren ihre Zeit beendet haben, das ist künstlerisch nicht meine Welt. Ich finde diese Arbeiten langweilig. Alles sieht gleich aus. Es wird nur noch „performed“, ich vermisse die Vielseitigkeit im Spielplan (wenn denn überhaupt einmal etwas gespielt wird…), ich vermisse wirklich gute Texte (die gekonnt gesprochen werden…). Und die Tatsache, dass niemand auf der leeren Bühne ist, sondern wieder einmal sämtliche Rollen von nur einer Person gespielt werden (zumindest bis zum Osterspaziergang) ermattet, ja langweit mich sehr. Ok, ich habe es verstanden, Faust ist eine multiple Persönlichkeit, Mephisto sein alter Ego etcetera blablabla, das ist schön und gut und SEBASTIAN RUDOLPH muss man schon bewundern, wie er agiert und zwischen verschiedenen Rollen, Stimmlagen und Dialekten hin- und her springt, bevor dann PATRYCIA ZIÓLKOWSKA übernimmt. Das trägt jedoch auch nicht allzu lange und ermüdet. In der Ankündigungsmail des Schauspielhauses stand: „eine durchbefreite Gesellschaft von Radikalindividualist*innen, unfähig zu Gemeinschaft und Arbeit an kollektivem Sinn. Und der Teufel flüstert in die Ohren: Sei dein eigener Massstab! Statt Erkenntnis gibt es Machtgewinn: Frauen, Natur und Kolonien werden gleichermaßen unterworfen und zerstört – die Zerrissenheit in der Brust dient dabei als Antrieb und Ausrede gleichermaßen.“ Einmal mehr Dramaturgengeschwafel, das sich dann eben doch nicht einlöst. Ach, ich bin es so leid und im Grunde genommen, war es abzusehen, was mich erwartet und so entscheide ich, dass ich mir „Faust II“ keinesfalls antue, stattdessen lieber das schöne Wetter geniesse. Ich verlasse den Pfauen und hoffe auf die nächste interimistische Spielzeit 24/25 von Ulrich Khuon und einer neuen Ära unter Pinar Karabulut und Rafael Sanchez, die meine grosse Lust und sehenswerte Produktionen in den Pfauen zurückbringt. Vor der Vorstellung hat Stemann in der ihm eigenen überheblichen Art diesen „Faust-Marathon“ angekündigt mit den Worten „halten Sie durch, am Ende wird es nochmals richtig gut…“. Das glaube ich kaum! Danke, tschüss.

Zuletzt besuchte Schauspielproduktionen:

Orestie – Luzerner Theater 23.09.2023

Mein Kampf – Theater Winterthur 25.05.2023

EWS – Der einzige Politthriller der Schweiz – Theater Neumarkt Zürich 01.02.2023

Die Physiker – Theater Basel 17.12.2021

King Lear – Schauspielhaus Zürich 15.12.2021

Monkey Off my Back or The Cat’s Meow – Schauspielhaus/Schiffbau 12.12.2021

Orpheus – Schauspielhaus Zürich/Schiffbau 22.09.2021

Lieder ohne Worte – Theaterhaus Gessnerallee 20.06.2021

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