Nach dem ersten Teil der „Bestandsaufnahme Gurlitt“ im Kunstmuseum Bern mit dem Fokus auf „Entartete Kunst“, gibt es nun den zweiten Teil dieser Doppelausstellung zu sehen, der sich mit dem NS-Kunstraub und den Folgen befasst…
Dieser zweite Ausstellungsteil war bereits in der Bundeskunsthalle Bonn zu sehen und hatte dort mehr als 150000 Zuschauer. Während beim ersten Teil der Ausstellung das Thema „Entartete Kunst“ im Fokus stand und dies im grösseren Zusammenhang dargestellt und erläutert wurde, ist nun „Der NS-Kunstraub und die Folgen“ das grössere umspannende Thema. Auf die Person Hildebrand Gurlitt wird erneut intensiv eingegangen sowie auf das grosse und sehr interessante Thema der Restitution und Provenienzforschung. Dieser zweite Teil der Ausstellung ist in folgende Themenbereiche gegliedert:
1 Kunsthändler im Nationalsozialismus
2 Kunsthandel und Geschmacksbildung
3 Kunstmarkt Paris (1940-1944)
4 Restitution
5 Werkstatt Provenienzforschung
Insgesamt sind weniger Exponate als im ersten Teil zu sehen, darunter aber viele nie gesehene Werke von Toulouse-Lautrec und eine grosse Anzahl sehr schöner japanischer Zeichnungen. Wer den ersten Ausstellungsteil „Bestandsaufnahme Gurlitt I“ bereits gesehen hat, für den wiederholen sich einige Themen, eine interessante und sehr sehenswerte Ausstellung ist es dennoch. Vor allem auch, weil es sich um Exponate handelt, die in der jüngeren Geschichte nirgends zu sehen waren. Und weil es sich lohnt und gleichzeitig erschüttert, sich mit diesem Teil der Vergangenheit zu beschäftigen. Vor allem als Deutscher ist man immer wieder schockiert, mit welcher Kaltblütigkeit die Nationalsozialisten beim Thema Kunstraub und Enteignung vorgingen.
Beim Kunstfund Gurlitt handelt es sich insgesamt um einen Bestand von 1280 Kunstwerken aus dem Besitz Cornelius Gurlitts (1932-2014), Sohn des deutschen Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Die Werke wurden 2012 in Cornelius Gurlitts Münchner Wohnung im Rahmen eines Steuerermittlungsverfahrens beschlagnahmt. Dies wurde zunächst geheimgehalten und erst durch den Bericht des Nachrichtenmagazins Focus am 3. November 2013 öffentlich bekannt. Durch weitere Funde in Cornelius Gurlitts Haus in Salzburg erhöhte sich der bekannt gewordene Gesamtbestand auf über 1500 Kunstwerke. Sechs Jahre nach der Entdeckung des „Kunstfundes Gurlitt“ ist trotz mehrjähriger Forschung die Herkunft der meisten Werke nicht restlos geklärt. Die Werke mit Raubkunstverdacht verbleiben bis zur Ermittlung ihrer Herkunft in der Obhut der Bundesrepublik Deutschland und sind in der Ausstellung als Leihgaben zu sehen. Die Werkschilder informieren über den jeweiligen Besitzstatus der Werke und geben den aktuellen Wissensstand zu ihrer Provenienz wieder.
(Kunstmuseum Bern)
Deshalb ist auch ein eigener Raum dem Thema Provenienzforschung gewidmet und es wird an mehreren Beispielen das Thema Restitution und die entsprechende Vorgehensweise dargestellt. Sehr interessant!
„Bestandsaufnahme Gurlitt“ in Berlin: 14. September 2018 bis 7. Januar 2019 im Gropius Bau, Berlin
Bezug nehmend auf deinen Satz über die Kaltblütigkeit der Nazis was den Umgang mit entarteter Kunst angeht, will ich nur nebenbei bemerken, dass die deutsche Museenlandschaft bzw. deren Kuratoren sich bis zum Skandal einen sehr schlanken Fuss gemacht haben. Immerhin 70 Jahre lang. Nicht, dass der eine oder andere jüdische Vorbesitzer nicht mal angefragt oder sogar geklagt hätte… Es wurde gemauert, wie bei der Weltmeisterschaft.
Für mich die Fortsetzung des vorherigen Verhaltens unter „demokratischen“ Vorzeichen.
LikeGefällt 1 Person
Da stimme ich Dir natürlich absolut zu. Und das Thema ist noch lange nicht ausgestanden. Die Ausstellung zeigt das eben ganz gut wie ich finde. Es gibt aber auch gute Beispiele für eine vollzogene Restitution. Zum Beispiel der Kampf um „Women in Gold“ von Klimt. Da hat letztendlich die Gerechtigkeit gesiegt, auch wenn es ein harter Kampf war.
LikeLike