Die Opern Prokofiews tauchen in letzter Zeit häufiger in den Spielplänen auf – und das ist gut so und sehr lobenswert. Neben den Repertoirestücken „Liebe zu den drei Orangen“ oder „Die Nase“ zeigt man mittlerweile auch eher unbekanntere Werke. Die Plots sind spannend und die Musik facettenreich und mitreissend. Nun hat das Theater Basel als Schweizer Erstaufführung „Der Spieler“ (nach dem Roman von Fjodor M. Dostojewskij) im Repertoire und ein Besuch lohnt sich unbedingt…
Nach einer längeren Rezeptionsgeschichte (unter anderem aufgrund der russischen Revolution) wurde dieses Frühwerk Prokofiews dennoch erst 1929 in Brüssel am Théatre Royal de la Monnaie uraufgeführt, in der Schweiz war es bisher noch nie zu sehen. In diesem Werk, dessen Basis der autobiographisch gefärbte Roman Dostojewskijs ist, finden sich detaillierte Beschreibungen unglücklicher Menschen auf der Suche nach dem grossen Glück, diese finden sie jedoch weder in der Liebe, noch im Spiel. Im Grunde eine grosse Ansammlung einzelner unglücklicher Schicksale. In der Inszenierung des russischen Regisseurs Vasily Barkhatov leben diese gemeinsam in einem sehr tristen Hostel irgendwo in Bahnhofsnähe, vor dem Haus wird gekifft, geraucht, gedealt oder einfach nur an der Bushaltestelle mit einem Transistorradio die Zeit abgesessen. Im Haus die üblichen Familienkonstellationen und Verhältnisse, man sitzt und isst, man trifft sich auf einen Plausch in der Waschküche – der übliche Alltag, wäre da nicht die Sucht nach den Games und Online-Glücksspielen (auch, um die Zeit totzuschlagen). Sämtliche Bewohner – jung und alt – beteiligen sich, sei es an Laptops, PCs, Tablets oder auf dem Smartphone. Jeder ist permanent auf der Suche nach dem Glück, nach dem Kick, doch letztendlich sind alles gescheiterte Existenzen, fortwährend auf der Suche. All dies zeigt – neben der eigentlichen Handlung – diese packende Inszenierung. Alle spekulieren in ihrem Emigrantendasein auf ein Licht am Ende des Tunnels. Doch es kommt nicht und letztendlich werden alle enttäuscht. Toll umgesetzt die Schlüssel-Szene vor dem Finale, wenn Alexej seine grosse Glückssträhne beim virtuellen Roulette hat und gemeinsam mit den anderen Online-Spielern in grossflächigen Projektionen der spielbesessenen Gesichter die gesamte Bühne einnimmt. Hier wird ersichtlich, was Sucht bedeutet. Musikalisch ist das Stück sehr vielseitig, besteht jedoch zumeist aus langen Rezitativen und Dialogen, es hat wenig grössere Ensembles und so gut wie keine monologischen Nummern/Arien im klassischen Sinn. Textlich geht es sehr stringent an der Vorlage entlang, immer im Duktus des russischen Original-Librettos (die Uraufführung in Brüssel erfolgte in einer französischen Fassung). Die Hauptrolle des Alexej verlangt viel, ist fast durchwegs hoch angelegt und mit Dmitry Golovnin hervorragend – auch darstellerisch – besetzt. Dies gilt für das ganze Ensemble, aber vor allem für die Hauptrollen: Pavlo Hunka (General a.D), Asmik Grigorian (Polina), Rolf Romei (Marquis), Kristina Stanek (Blanche) und die für die erkrankte Jane Henschel eingesprungene Olga Savova als reiche hochbetagte Erbtante Babulenka aus Moskau, die dann sehr zur Enttäuschung aller auch ihr Vermögen verspielt und niemandem vererbt. Björn Hustuege am Pult dirigiert diese Partitur spannungsgeladen und es hat ein paar sehr packende Momente, die allgegenwärtige Online-Rastlosigkeit und die Tristesse der Figuren, die auf der Bühne permanent gezeigt wird, ist auch musikalisch spür- und erlebbar. Eine lohnende Entdeckung. Bitte mehr von Prokofiews Opern auf den Bühnen!