Einen wunderschönen Lyrik-Band mit Gedichten auf rätoromanisch und deutsch hat der Limmatverlag herausgebracht: „Unterwegs / In Viadi“ von der legendären Luisa Famos – eine der wichtigen Autorinnen rätoromanischer Lyrik, die 1974 mit nur 44 Jahren starb und zu Lebzeiten nur zwei kleine Lyrikbändchen veröffentlichte: „Murmaints („Augenblicke“) und „Inscunters“ („Begegnungen).
Ihre reimlosen Gedichte sind klar, strukturiert und kraftvoll, manchmal durchweht aber auch eine doppeldeutige Leichtigkeit und poetische Bildsprache die Verse. Das liest sich wunderbar und man nimmt den schön gestalteten Band immer wieder gerne zur Hand, um darin das ein oder andere Gedicht (erneut) in sich aufzunehmen…
Juli in Ramosch
Drei Schwalben
Schwirren
Über den Sommerhimmel
Manchmal zittern
Drei Schatten
Auf der weissen Fassade
Meines Hauses.
Ins Deutsche wurde dieser Band von Luzius Keller übertragen und auch wenn man – so wie ich – des Rätoromanischen nicht mächtig ist, macht es grosse Freude beide Sprachversionen zu lesen, ist es doch ein ganz eigenes authentisches Sprachgefühl und klingt laut gesprochen mit dieser ganz eigenen Rhythmik einfach nur schön:
Lügl a Ramosch
Trais randulinas
Battan lur alas
Vi dal tschêl d’instà
Minchatant tremblan
Trais sumbrivas
Sülla fatschad’alba
Da ma chà.
Schwalben sind ein grosses Thema der Heimwehdichtung und da Luisa Famos mehrere Jahre in Honduras und Venezuela lebte, bevor sie 1972 zurück in ihre Heimat nach Ramosch zog, ist das auch eines ihrer immer wiederkehrenden Themen, ebenso wie Stille, Glaube und der Versuch eins zu sein mit sich selbst und der Natur, aber auch in sich zu ruhen. Das ausführliche Nachwort und die vielen Informationen zu dieser Ausgabe von Luzius Keller sind sehr interessant und sehr lesenswert, erfährt man doch viel über die Autorin, aber auch über Engadiner Kultur und Literatur.
„Unterwegs / In Viadi“, Gedichte von Luisa Famos, Übersetzt und mit einem Nachwort von Luzius Keller, Limmat Verlag Zürich, 2019, ISBN 978-3-85791-874-2 (Werbung)
Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar auf Anfrage kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Limmatverlag Zürich sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.
Zuletzt gelesen:
Leïla Slimani – All das zu verlieren
Saša Stanišič – Herkunft
Fernanda Melchor – Saison der Wirbelstürme
Alan Hollinghurst – Die Sparsholt-Affäre
Joël Dicker – Das Verschwinden der Stephanie Mailer
Hanya Yanagihara – Das Volk der Bäume
Luisa Famos war mir bis jetzt unbekannt.
Asche auf mein Haupt….
Vielen Dank für deine interessante Rezi und den guten Tipp!
LG von Rosie
LikeLike
Liebe Rosie – wenn ich ganz ehrlich bin, mir auch. Aber es lohnt sich. Für mich eine absolute Neuentdeckung. Es ist ja auch immer wichtig, sich auf Neues einzulassen……. – ein wirklich schönes Bändchen. Falls Du Dich damit befasst – wünsche glückliches Lesen. Herzlichst und Danke für Dein Interesse A.
LikeGefällt 1 Person
🙂
LikeLike