Elena Ferrante – Die neapolitanische Saga.

Natürlich habe auch ich mich vom Ferrante-Fieber anstecken lassen und nun, ein paar Wochen nach Beendigung der Tetralogie folgt hier mein kurzes Resümee…

Ein seltsamer Vergleich, aber irgendwie fühlte es sich an wie beim Erscheinen der Harry-Potter-Bücher – ich konnte es kaum erwarten bis der nächste Band erscheint, habe ihn sogar immer vorbestellt, so dass ich auch sofort am Erscheinungsdatum weiterlesen kann – das spricht für die neapolitanische Saga um die beiden Hauptfiguren Elena und Lila. Die Autorin spricht nicht von 4 Bänden, sondern nennt es „einen Roman“. Und das ist es natürlich auch, aber dennoch erscheint diese Einteilung in vier Zeitepochen sinnvoll. Ist es doch auch ein Spiegel der jüngeren Geschichte Italiens. Und das ist auch das Interessante an diesen vier Bänden, nicht nur die fesselnde Geschichte dieser beiden Frauen und ihrer sehr zwiespältigen Freundschaft, sondern eben auch ein Einblick in das Neapel, wie man es sonst wohl nicht so auf den ersten Blick sieht, den Schmutz, den Abschaum, die Hinterzimmer und wohl auch den wahren Süden mit all diesen mafiösen Tendenzen und gefährlichen Beziehungsgeflechten. Nach diesem Grosserfolg ist es kein Wunder, dass 2019 die Verfilmung als TV-Serie laufen wird. Eigentlich sind diese vier Bücher auch bereits so angelegt, am Ende jeden Romans steht ein Cliffhanger und man wartet gespannt auf die Fortsetzung. Die Figuren des Romans sind allesamt interessant und – bis auf die beiden Hauptfiguren – sehr männerlastig, ein paar wenige Intellektuelle, aber die meisten eher brutale Chauvinisten, immer im grossen Spiel der Politik, der Kirche, der Camorra, der Wissenschaft, auf alle Fälle in den verschiedensten Machtgefügen. Die Autorin verfolgt das Zeitgeschehen über mehrere Jahrzehnte aus einer kritischen Distanz, analysiert, beschreibt, bewertet aber nie. Und dann die beiden grossen und starken Frauenfiguren. die im ersten Band „Meine geniale Freundin“ zu ihrer immerfort gespaltenen Freundschaft finden und bis zum Schluss durch die unterschiedlichsten Vorkommnisse aneinander gebunden sind, mal näher, mal eher distanziert. Eine sehr spannende Beziehung. Die Figuren sind so plastisch, am Ende des Romanes hat man das Gefühl, ein Teil deren Lebens zu sein. Das macht sicherlich die Qualität dieser vier Bücher aus, sie sind so realistisch und deshalb ist es wohl auch  unbestritten, dass dies zu einem grossen Teil autobiographisch sein muss.

Sicherlich hat auch die immerwährende Frage seit den 1990er Jahren – wer sich denn nun hinter dem Pseudonym ELENA FERRANTE verbirgt – zum Erfolg beigetragen, doch im Grunde ist es nebensächlich, wer sie denn nun tatsächlich ist. Die Bücher sind so lebensnah, so fesselnd, in einem Wort – Pageturner auf hohem literarischen Niveau!

BAND 1: „Meine geniale Freundin“ (Kindheit und frühe Jugend), Suhrkamp, 2016

BAND 2: „Die Geschichte eines neuen Namens“ (Jugendzeit), Suhrkamp, 2017

BAND 3: „Die Geschichte der getrennten Wege“ (Erwachsenenjahre), Suhrkamp, 2017

BAND 4: „Die Geschichte des verlorenen Kindes“ (Reife und Alter), Suhrkamp, 2018

Diesen Beitrag von arcimboldis_world kommentieren

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s