„Catch me if you can“ – eine aufsehenerregende (wahre) und sehr charmante Betrugs-Geschichte, basierend auf dem Leben von Frank Abagnale und nach dem Roman von Stan Redding wurde 2009 von Steven Spielberg mit Leonardo di Caprio und Tom Hanks verfilmt und erlebte 2011 am Broadway seine Uraufführung als biographisches Musical. Seit der Europäischen Erstaufführung 2013 in Wien erscheint das Stück immer häufiger in den Spielplänen, nun auch am Staatstheater Nürnberg…
Natürlich ist es grundsätzlich sehr lobenswert, das Musicalrepertoire an den Stadt- und Staatstheatern immer wieder zu erweitern und nicht immer überall die gleichen „ollen Kamellen“ zu zeigen. Das Stück „Catch me if you can“ mit seinem kurzweiligen Plot hat eigentlich viel zu bieten, gelang es doch Frank Abagnale in jungen Jahren, sämtliche Lücken im Geld- und Kreditwesen auszunutzen, um Vermögen und Status anzuhäufen – dies ging so weit, dass er als Pilot und Anwalt eingestellt wurde, ja sogar Nachtschichten als Diensthabender Oberarzt übernahm. Regisseur GIL MEHMERT nutzt das Potential dieser rasanten Story jedoch nicht und inszeniert die Geschichte konventionell und bodenständig bieder bis langweilig, grosse Musicalgefühle oder mitreissende Shownummern sucht man vergeblich. Das grosse Problem dieser Produktion ist aber die Besetzung: unverständlich, warum sämtliche Darsteller im Cast nahezu gleichaltrig wirken, da erscheint es schon etwas albern, wenn Hauptdarsteller DAVID JAKOBS (als Frank W. Abagnale Jr.) aussieht, wie der beste Kumpel seines Vaters Frank Sr. (DIRK WEILER) und seiner Mutter Paula (ALEXANDRA FARKIC). Abagnales Gegenspieler Carl Hanratty (ROB PELZER) verkommt zu einer albernen Witzfigur, der sich an seinen platten Witzen entlang hangelt, fast wie einem platten RTL-Comedy-Format entstiegen. Das Bühnenbild (welches wohl bereits an anderen Häusern im Einsatz war und auch noch sein wird) wirkt bereits nach wenigen Vorstellungen ziemlich ramponiert und abgenudelt, die Kostüme (FALK BAUER) und Perücken sehr billig produziert (zumindest sehen sie so aus) – von einer Staatstheater-Produktion hätte man schon etwas mehr erwarten können. Das Stück ist in den prüden 60er Jahren angesiedelt, aber das bei der Nummer „Was der Arzt verordnet“ die Frauen davon singen, dass sie nur das tun, was ihnen der Arzt verordnet und gleichzeitig unter ihren weissen Schwesternkitteln Bikinis tragen und eindeutig sehr eindimensional als reines Lustobjekt präsentiert werden, ist doch wirklich ein blanker Hohn und geht heutzutage keinesfalls, dies nur einer von einigen peinlichen Momenten und Plattitüden. Schöner Moment jedoch die Szene im Hause der Schwiegereltern Strong mit einer köstlich komödiantischen TANJA SCHÖN als Mutter Carol Strong und PETER LESIAK als Vater Roger Strong, beide im schön-schrägen lindgrünen Partnerlook-Outfit – passend zum Kleid von Tochter Brenda (INGA KRISCHKE). Im Einheitsbühnenbild von JENS KILIAN mit grossen beidseitigen Showtreppen werden lediglich durch diverse Möbel und unterschiedliche Projektionen (FUFU FRAUENWAHL) die unterschiedlichen Spielorte angedeutet. Das ist zu Beginn ganz nett und funktionabel, aber über 3 Stunden hinweg doch etwas langweilig und einfallslos. Da das Ensemble sehr klein und zusammengestrichen wirkt, kommen leider auch die – eher gross angelegten – Ensemble-Choreografien von MELISSA KING nicht zu ihrer Geltung und wirken etwas überdimensioniert und bemüht. Die musikalische Leitung des Abends hatte JÜRGEN GRIMM, zusammen mit dem „Frank Abagnale Junior Orchestra“ spielte er das gefällig dahinplätschernde Songmaterial dieses Musicals ab, im Ohr bleibt einzig das grosse Opening „Live und ganz in Farbe“ und noch die ein oder andere Ballade.
Ein grosser Wurf ist weder das Musical (Musik: Marc Shaiman/Buch: Terrence McNally/Songtexte: Scott Wittman/Marc Shaiman), noch die Nürnberger Produktion von Gil Mehmert (die in Zusammenarbeit mit BB Promotion entstand und noch weitere Spielstätten haben wird). Die Produktion am Broadway startete im März 2011 und schloss bereits wieder im September des gleichen Jahren nach nur 170 Vorstellungen (im Anschluss folgte noch eine US Tour 2012/2013). Es lohnt sich aber den Film anzusehen!