Im Amt für Todesangelegenheiten – Luzerner Theater 19.10.2018

Eine Slapstick-Oper – das ist doch mal etwas Neues. Oder? Das Luzerner Theater hat als Koproduktion mit dem Lucerne Festival und in Kooperation mit dem Theater Winterthur und dem 21st Century Orchestra ein solch betiteltes Auftragswerk beim deutschen Komponisten KLAUS VON HEYDENABER bestellt, letztendlich geworden ist es dann ein sehr amüsanter Abend mit vielen interessanten filmisch-inspirierten Klängen…

Im nicht besonders gut besuchten Luzerner Theater kam der Slapstick dann aber doch etwas zu kurz, dafür gab es opulente Klänge aus dem Graben und eine bunte vielfältige und irgendwie unentschlossene Musikmelange, fast so, als hätte sich der Komponist nicht entscheiden können oder wollen, was es denn werden soll. Das macht nichts, denn die Musik ist schön, gefällig und untermalt das Geschehen auf der Bühne. Und dort passiert sehr viel. Im Bühnenbild von MÁRTON ÁGH sind zwei Ebenen zu sehen, im unteren Bereich das vielseitige, teils dreckige Leben einer U-Bahn-Station mit Geschäften, Kiosken und dem todbringenden Gleis, im Obergeschoss das sterile und ganz in weiss gehaltene Amt für Todesangelegenheiten (samt seinem Chef – also Gott persönlich – als schräges Disco-Sternchen im Glitter-Glamour-Pailletten-Outfit und Cowboystiefeln, der auch mal launige unverständliche Durchsagen über Lautsprecher von sich gibt, köstlich!!!) – hier werden die Strippen gezogen und festgelegt, wer als nächster Kandidat das Zeitliche segnet. Es dauert ein wenig, bis die Handlung ihren Lauf nimmt, denn zunächst werden sämtliche Protagonisten eingeführt und deren Geschichte in kurzen witzigen Episoden erzählt, bevor sie dann auch schon wieder abtreten und diverser Tode sterben dürfen: Herrlich der verzweifelte Witwer ROBERT MASZL mit seinen inbrünstigen Schluchzern um seine verstorbene Partnerin Elisa, wunderbar als Running-Gag die unglücklich Verlassene – schnulzige Arien singende – GIANNA LUNARDI oder der erfolglose Feuerwehrmann-Darsteller VUYANI MLINDE an seinem Filmset, dazwischen eine wohlstandshintergründige Weltretterin (SOFIA ELENA BORSANI) die jeden Passanten anquatscht und fragt, ob er zwei Minuten Zeit hätte, um die Welt zu retten und letztendlich darstellerisch und sängerisch überragend DIANA SCHNÜRPEL als singende Toilettendame. Doch dann passiert ein Missgeschick im System und die vier Leichen werden wieder ins Leben zurückgeholt und der 2. Teil beginnt nach der Pause mit einem Rewind im Schnelldurchlauf. Das macht Spass zu sehen und ist toll einstudiert. Dann bricht das Ganze, eine Zäsur bringt der Schauspieler LUKAS DARNSTÄDT, der zunächst als Clochard ausführendes Organ des Amtes ist, nun aber als Erzähler die Handlung versucht voranzubringen – ein witziger und überzeugender Monolog im dunklen – nur von den Taschenlampen der Zuschauer-Smartphones beleuchteten – Parkett. Alles wiederholt sich mit vertauschten Rollen und dann ist irgendwie plötzlich Schluss und der Abend ist vorbei. Kurzweilig war es, aber offene Fragen bleiben. Das ist wohl auch so gewollt. Und eigentlich ist es auch egal, denn der Abend ist äusserst unterhaltsam und vom ungarischen Regisseur VIKTOR BODÓ kurzweilig – wenn auch stellenweise etwas oberflächlich – inszeniert.

Das Werk selbst kommt fast gänzlich ohne Worte aus, gesungen werden Wortfetzen, Zitate, Zahlen und allerlei andere die Handlung vorantreibende Dinge, dazu kommen unzählige Toneinspielungen und natürlich ein buntes Potpourri an Musik unterschiedlichster Stile von Jazz über Musical und Operette bis hin zur klassischen italienischen Belcanto-Arie. Für diese Flut an musikalischem Rausch ist das für seine Filmmusikkonzerte bekannte 21ST CENTURY ORCHESTRA mit seinem musikalischen Leiter WILLIAM KELLEY natürlich die ideale Besetzung

„Im Amt für Todesangelegenheiten“ von Klaus von Heydenaber (*1982).

 

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