Was für ein bewegendes Buch… – Ein packender Roman des schwarzen Amerikas. Heute – unter Trump und seinem Gefolge aus alten weissen Männern – wichtiger denn je. Sklaverei gibt es nicht mehr (oder doch…?), aber ein erneutes und erstarkendes Aufblühen rechter und rassistischer Kräfte…„Underground Railroad“ war meine letzte Lektüre im Jahr 2017, beendet am ersten Tag des neuen Jahres 2018 und hat mich über viele Tage nicht losgelassen und beschäftigt. Erst jetzt – und mit ein paar Wochen Abstand – bin ich in der Lage, etwas zu reflektieren. Und es wirkt immer noch nach…
Cora ist nur eine von unzähligen Schwarzen, die auf den Baumwollplantagen Georgias schlimmer als Tiere behandelt werden. Alle träumen von der Flucht – doch wie und wohin? Da hört Cora von der Underground Railroad, einem geheimen Fluchtnetzwerk für Sklaven. Über eine Falltür gelangt sie in den Untergrund und es beginnt eine atemberaubende Reise, auf der sie Leichendieben, Kopfgeldjägern, obskuren Ärzten, aber auch heldenhaften Bahnhofswärtern begegnet. Jeder Staat, den sie durchquert, hat andere Gesetze, andere Gefahren. Wartet am Ende wirklich die Freiheit? Colson Whiteheads Roman ist eine virtuose Abrechnung damit, was es bedeutete und immer noch bedeutet, schwarz zu sein in Amerika.
(Hanser Verlag)
Die Underground Railroad gab es wirklich und war ein informelles Netzwerk, bei dem sich Gegner der Sklaverei zusammenschlossen, um geflohenen Sklaven aus den Südstaaten bei ihrer Reise zu helfen (z.B. in sicherere Nordstaaten oder nach Kanada). War es damals nur eine Metapher, der man sich bediente, um verschlüsselte Botschaften zu verschicken, existiert im Roman von Colson Whitehead tatsächlich eine unterirdische Bahnlinie, die für die Flucht genutzt wird und mit deren Hilfe eine der Hauptfiguren (Cora) des Romans ihre Flucht vom Süden in den Norden durchsteht. In verschiedenen Episoden werden eindringlich das Leben der Sklaven und diverse Fluchtereignisse geschildert, teilweise bis in die kleinsten und manchmal erschreckend realistisch erzählten Details. Das ist stellenweise erschütternd und manchmal fast unerträglich. Im Grunde in einzelnen Episoden erzählt, gibt es doch auch einen roten Faden, der sich durch das ganze Buch zieht. Der Bogen der Ereignisse spannt sich dabei von Ajarry (der Grossmutter) über Mabel (der Mutter und einzigen Sklavin, der bisher die Flucht aus der Plantage von T. Randall gelang) bis hin zur Tochter Cora, deren Fluchtweg man als Leser verfolgt. Sprachlich ein intensives Buch (in einem sehr deutlichen und eindringlichen Erzählton), dass es schafft, diese komplexe dunkle Geschichte erhellend zu erzählen. Das die Railroad vom Autor real erschaffen wurde ist sein Kunstgriff für dieses Buch, das kann man mögen oder nicht – der Geschichte hat es nicht geschadet. Und wie im Klappentext des Verlages notiert, stellt man sich immerfort die Frage: „Wartet am Ende wirklich die Freiheit?“…
Colson Whithead hat für seinen Roman den National Book Award erhalten und wurde mit dem Pulitzer-Preis 2017 ausgezeichnet.
„Underground Railroad“ von Colson Whitehead, Hanser Verlag, 2017.
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