Joachim B. Schmidt – Ósmann.

Der neue Roman von Joachim B. Schmidt ist Ende März 2025 im Diogenes Verlag erschienen! Und die Lektüre lohnt sich unbedingt, nimmt mich gefangen, zieht mich tief in diese wunderbare, lebenspralle Geschichte nach einem wahren Leben in Island: „Ósmann“ – sehr zu empfehlen!

Grossartig, wie Schmidt es schafft, diese vielen kleinen Geschichten um die historische Figur des Fährmanns vom Fabelstrand zu verweben und uns mit auf die Reise in eine andere Zeit nimmt, in eine andere Welt, deren Faszination man sich nicht entziehen kann, sich nicht entziehen will. „Der Mann am Ós“ ist in Island bis heute unvergessen, am Skagafjord erinnert eine Bronzestatue an ihn und Schmidt schildert bildstark dieses Leben, dass von den Jahreszeiten, vom Fluss, vom Eis und von der Kargheit Islands geprägt ist, erzählt von den Verlusten, den Toten, aber auch den schönen Momenten und der Liebe zur Dichtkunst.

Der hohe Norden Islands um die Jahrhundertwende. Dort setzt Jón Magnússon Ósmann mit seiner Seilfähre Menschen, Tiere und Waren über die Gewässer des Skagafjords. Er ist ein Fischer und Robbenjäger, er sieht Geister und Elfen, er ist ein Menschenfreund, der Bedürftige verpflegt und beherbergt, und er ist ein gottesfürchtiger Trinker und Poet. Überlebensgroß, kräftig, gesellig und dabei versehrt vom eigenen Schicksal, sodass ihn die Fluten zu locken beginnen, die er über vierzig Jahre lang befahren hat. Eine lebenspralle und beinahe unglaubliche Geschichte nach einem wahren Leben. (Diogenes Verlag)

Ich muss gestehen, dass ich anfangs etwas Mühe hatte, mich auf diese Geschichte einzulassen, aber es hat nicht lange gedauert, da hat es mich gepackt, da konnte ich nicht mehr loslassen, da wurde es zu einem Pageturner, dieses Leben von Jón Magnússon Ósmann, zu einer Zeit in Island, die man sich heutzutage wohl kaum mehr vorstellen kann. Wer Island kennt, der kennt die Kargheit, diese Weite, das ist natürlich alles wunderbar, wenn man für 3 Wochen das Land durchreist und dort Ferien macht, aber in Schmidts neuem Roman kann man nur erahnen, was dieses Leben im Norden für die Menschen zu jener Zeit bedeutet hat, wie viele Entbehrungen sie in Kauf nehmen mussten, wie viele Tote sie zu beklagen hatten, wie viele Menschen das rettende Schiff nach Amerika oder nach Kanada als einzigen Ausweg sahen. Und all das erfährt man so nah und lebendig erzählt und man spürt einmal mehr diese tiefe Verbundenheit von Joachim Schmidt mit diesem wunderschönen Land und seine Lust am Fabulieren. Beim Lesen von „Ósmann“ hatte ich immer Robbie Coltrane als Hagrid in den Verfilmungen der Harry Potter Romane vor Augen, gross, mächtig, kraftvoll, hilfsbereit, liebenswert. Mit seinen Romanen „Kalmann“ und „Tell“ hatte mich Schmidt bereits sehr begeistert, „Kalmann und der schlafende Berg“ war dann für mich leider ein eher lauer Aufguss, aber nun mit „Ósmann“ läuft er erneut zur Höchstform auf, es ist ein Roman, den man wirklich gelesen haben muss.

„Ósmann“ von Joachim B. Schmidt, 2025, Diogenes Verlag, ISBN: 978-3-257-07330-0 (Werbung)

Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Diogenes Verlag sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.

Zuletzt gelesen:

Hilmar Klute – Im Traum suche ich immer das Weite

Hilmar Klute – Was dann nachher so schön fliegt

Barbara Kingsolver – Demon Copperhead

Karl Ove Knausgård – Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit 

Édouard Louis – Monique s’évade

Annie Ernaux – Une femme

Jens Rehn – Nichts in Sicht

Heinz Strunk – Zauberberg 2

Rachilde – Nein, ich bin keine Feministin

Zora del Buono – Seinetwegen