Richard Russo – Mohawk.

Bereits 1986 im Original erschienen, nun im Dumont Verlag auf Deutsch erhältlich – der Debüt-Roman des Pulitzer Preisträgers Richard Russo – „Mohawk“….

Wie in all seinen Romanen schildert Russo den amerikanischen Provinz-Alltag in seiner ganzen Trostlosigkeit. „Mohawk“ spielt in den späten 60ern, das Leben ist für jeden Einwohner der Stadt Mohawk ein fortwährender Kampf. Im Grunde ist dies ein Roman über unglückliche Menschen, über ungelebte Träume, über den alltäglichen Kampf ums Überleben.

Die Stadt Mohawk verdankte ihren Aufstieg einst der Lederindustrie und hat teuer dafür bezahlt: Die Krebsrate ist hier um ein Vielfaches höher als im Rest Amerikas, das Leder nicht mehr gefragt, die Stadt vergessen. Es sind die späten Sechziger, doch die wenigsten Menschen haben teil an den großen Veränderungen dieser Zeit. Wer hier lebt, hat keine extravaganten Träume, sondern will einfach nur das Beste für die Familie und eine anständige Arbeit. Anne Grouse geht es ähnlich. Und auch wenn sie mal andere Pläne hatte – mittlerweile sieht sie sich an die Stadt gefesselt. Nicht nur befindet sie sich in einem aussichtslosen Kampf mit ihrer Mutter um die Pflege ihres kranken Vaters, sie muss sich auch um ihren Sohn Randall kümmern, der Schwierigkeiten in der Schule hat. Zu allem Überfluss droht außerdem die Fehde zwischen ihrer Familie und den mächtigen Gaffneys wieder aufzuleben. Von ihrem Ex-Mann, einem leidenschaftlichen Zocker, kann sie keine besondere Unterstützung erwarten. Heimlich träumt sie vom Mann ihrer Cousine, aber Träume kann man sich in Mohawk kaum leisten. (Dumont Verlag)

Russos Protagonisten in „Mohawk“ leben ein trostloses Leben ohne Hoffnung, ohne Aussicht, dieser Tristesse zu entkommen. Die vielen kleinen Geschichten um den Niedergang dieser Stadt, um ungeliebte Lieben und ungelebte Leben, lassen schon viel erahnen von den späteren grossen und kraftvollen Werken wie etwa „Diese gottverdammten Träume“, „Diese alte Sehnsucht“, „Ein grundzufriedener Mann“ oder „Ein Mann der Tat“. „Mohawk“ ist ein typisches Erstlingswerk mit vielen tollen Ansätzen, hat jedoch noch nicht die ganz grosse Klasse der nachfolgenden Romane – lesenswert ist es dennoch.

„Mohawk“ von Richard Russo, 2023 (1986), Dumont Verlag, ISBN: 978-3-8321-8228-1 (Werbung)

Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Dumont Verlag sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.

Zuletzt gelesen:

Loriots kleiner Opernführer

Mieko Kawakami – All die Liebenden der Nacht 

Anthony McCarten – Going Zero

Lion Christ – Sauhund

Paola Morpheus – Just Mary

John Irving – Der letzte Sessellift

Joachim B. Schmidt – Kalmann und der schlafende Berg

Brigitte Giraud – Schnell Leben

Sally Morgan – Ich hörte den Vogel rufen

Jan Costin Wagner – Einer von den Guten