Eine bitter-bös‘ schwarze Komödie hat Hilary Mantel mit dem Roman „Der Hilfsprediger“ geschrieben, 1989 im Original erschienen und seit 2017 nun auch auf Deutsch im DuMont-Verlag erhältlich. Wer Hilary Mantels Romane kennt, allen voran die beiden ebenfalls bösen Bücher „Jeder Tag ist Muttertag“ und dessen Fortsetzung „Im Vollbesitz des eigenen Wahns“, weiss, dass ihre Charaktere ausgezeichnet beschrieben und die Geschichten mit dem ihr eigenen Humor köstliches Lesevergnügen bieten…
Der Roman „Der Hilfsprediger“ ist in den 50er Jahren angesiedelt, man sollte meinen, dass deswegen eine gewisse Biederkeit herrscht, dem ist nicht so. Das Thema ist – im Grunde genommen – topaktuell: Es geht um Glauben, dessen Inhalte und Auslegung. Es geht um Moralbegriffe und deren Definition. Und es geht natürlich um eine Modernisierung von Kirche und Gesellschaft.
Irgendwo im nördlichen England der Fünfzigerjahre: Fetherhoughton ist ein gottverlassenes Nest, eine Enklave der Ignoranz und des Aberglaubens. Father Angwin ist hier der Gemeindepriester, ein Zyniker, der längst seinen Glauben verloren hat und nur noch in Ruhe gelassen werden will; vor allem von dem neuen Bischof, der die Region in moderne Zeiten führen will. Die zweite Heimsuchung des Priesters ist Mutter Perpetua, die ihr Kloster mit eiserner Hand führt und jede Abweichung vom Pfad des Glaubens hart bestraft. Sie hat es vor allem auf die freiheitsliebende junge Nonne Philomena abgesehen.
Eines Abends taucht ein Fremder an der Tür des Pfarrhauses auf und bietet Father Angwin seine Dienste an. Ist er ein Spion des Bischofs, wie Angwin glaubt? Ist er ein Engel, der den Priester wieder glauben lässt und Philomena die Liebe lehrt? Oder gar der Teufel selbst? (DuMont Verlag)
Wie bei vielen Romanen von Hilary Mantel sind es kleine Details und liebenswerte Personenbeschreibungen, die dem Leser grosses Vergnügen bereiten und die witzige und geistreiche Geschichte voranbringen, dazu dann noch eine gehörige Portion an Gesellschaftskritik, britischem Humor und ein gewaltiges Kratzen am Image der Kirche, die in den 50er Jahren noch eine weit bedeutsamere Rolle hatte als heute – vor allem in ländlichen Gegenden, da war der Dorfpriester noch eine wichtige moralische Instanz. Da kommt mit dem auftauchenden Fremden natürlich eine Bedrohung auf das Dorf zu, nicht umsonst ist dessen Name auch „Fludd“ (so auch der englische Originaltitel), also zu Deutsch „Flut“. Ein amüsanter und kurzweiliger Roman der zweifachen „Booker-Prize“ – Gewinnerin (für „Wolf Hall“ und „Bring up the Bodies“).
„Der Hilfsprediger“ von Hilary Mantel, DuMont-Verlag, 2017.