Ursprünglich wurde vom Schauspielhaus Zürich in der Spielplanvorschau für die Saison 2017/2018 eine neue Produktion der „Fledermaus“ mit den Puppen von Nikolaus Habjan angekündigt, stattdessen hatte nun als Festspielbeitrag der Georg-Kreisler-Abend „Ausschliesslich Inländer“ Premiere…
Nun, über diese ominösen Festspiele Zürich – diesjährig mit dem alles und nichts sagenden Titel „Schönheit und Wahnsinn“ – muss man nicht grossartig reden, denn wenn man ehrlich ist – diese Festspiele braucht kein Mensch und im Grunde auch keine der beteiligten Kulturinstitutionen. Auch im neuen 2-Jahres-Rhythmus ist dieses Event immer noch eine alberne Groteske, man feiert sich irgendwie selbst und gibt Geld aus, welches man anderweitig sinnvoller einsetzen könnte. Auf der Homepage des Schauspielhauses Zürich heisst es zwar: „Die Schönheit sowie der Wahnsinn der spezifischen Schweizer Kunst der Abgrenzung werden in diesem Projekt auf musikalische Weise zum unterhaltsamen Thema“, aber das ist eben auch nur eine weitere leere Worthülse. Nikolaus Habjans Kreisler-Abend hat mit dem Festspielthema „Schönheit und Wahnsinn“ nichts, aber auch gar nichts, zu tun. However – ein Besuch lohnt sich allemal aus vielerlei Gründen. Zum Einen ist es immer wieder schön, diese alten bösartigen und immer noch aktuellen Lieder zu hören, zum Anderen sind da diese herrlich schrägen Klappmaulpuppen des österreichischen Kunstpfeifers und Puppenspielers Nikolaus Habjan. Und es gibt einige wunderbare Momente. Habjan, der selbst spielt und Regie und Konzept des Abends verantwortet, hat sich von seinem Bühnenbildner Jakob Brossmann einen Grenzübergang bauen lassen, die Wärterhäusschen dienen als Spielfläche und Rückzugsort gleichzeitig. Die sonst nur mit Klavierbegleitung bekannten Kreisler-Songs klingen in den Arrangements der Formation Franui ziemlich neu, modern und sehr interessant. Die puppenspielenden Schauspieler *Innen verschwinden zumeist hinter den Puppen, manchmal treten sie aber auch in Dialog, das ergibt einige interessante Konstellationen. In dieser musikalischen Revue gibt es neben äusserst amüsanten Szenen (grossartig der ostdeutsche Grenzbeamte von Cornelius Körber mit seinem Stempel-Orgasmus), auch einige intensive musikalische Momente, etwa wenn Miriam Maertens den Song „Der Witz“ zum besten gibt oder bei Michael Neuenschwanders kabarettistischer und titelgebender Einlage „Ausschliesslich Inländer“, hervorstechend an diesem Abend ist sicherlich der grossartige Benito Bause mit seiner aussergewöhnlich schönen Singstimme. Jedem/r einzelnen der Schauspieler*Innen ist anzumerken, wie intensiv, sie sich mit dem Puppenspiel beschäftigt haben – aber hierfür hatten sie auch einen grossartigen Lehrmeister, denn beobachtet man Nikolaus Habjan und seine alte verschrobene Lady, die von ihm bespielt wird, so sieht man, mit welch grossem Talent und welcher Leidenschaft er dies tut. Die beiden Körper werden eins und harmonisieren vollends. Für meinen Geschmack hätte der Abend gerne noch etwas böser, beissender, sarkastischer sein dürfen, manche der Nummern wirkten ein wenig weichgespült. Dennoch ein wunderbarer und äusserst kurzweiliger Abend.
Georg Franz Kreisler (1922-2011) war ein österreichischer Dichter, Sänger, Komponist, der 1938 mit seinen Eltern in die USA emigrierte, da er aufgrund seiner jüdischen Herkunft nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Österreich verliess. 1955 kehrte er nach Europa zurück, nachdem er 1943 die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hatte. Ab den Fünfziger Jahren wurde er im deutschsprachigen Raum durch seine kabarettistischen Lieder wie „Tauben vergiften“, „Der Tod, das muss ein Wiener sein“ und „Wie schön wäre Wien ohne Wiener“ bekannt.
In Zürich gab es am Schauspielhaus bereits im Herbst 2016 als Gastspiel die grossartige Produktion „Das Missverständnis“ von Albert Camus in der Regie und mit den Puppen von Nikolaus Habjan zu sehen.
Ein Kommentar