Järvi: Mahler 2 – Tonhalle Zürich 12.11.2025

In der Tonhalle Zürich gibt es die 2. Sinfonie von Gustav Mahler, auch bekannt als „Resurrection / Auferstehungs-Sinfonie“ mit dem TONHALLE ORCHESTER unter PAAVO JÄRVI und bereits Tage vorher sind alle drei Konzerte restlos ausverkauft, das gab es schon lange nicht mehr! Also ein absoluter „must-listen“-Event…

Und tatsächlich, so proppenvoll habe ich an diesem ersten Konzert der Aufführungsserie den grossen Saal der Tonhalle Zürich schon lange nicht mehr erlebt und zwar sowohl im Auditorium, als auch auf dem Podium, was für eine riesige Orchesterbesetzung samt Chor und zwei Solistinnen. Es herrscht eine leicht aufgeregte Stimmung und auch ich, der ich nicht wirklich der grosse Mahler-Fan bin, bin aufs äusserste gespannt. Und ich werde nicht enttäuscht – Halleluja, was für ein Konzert, was für eine Energie in diesem Saal, die ich dann im Anschluss mit nach Hause nehme und lange brauche, um wieder etwas zur Ruhe zu kommen. Ich bin – und das habe ich mehrfach geäussert – weder Fan von Mahler und schon gar nicht von Bruckner und deren üppigen Sinfonien, die für mich immer ein wenig an Gemischtwarenladen und „Ein Kessel Buntes“ erinnern und so klingen, als wollte irgendwer (nämlich der Komponist) irgendjemandem (nämlich der Kulturkritik und gar nicht so sehr sich selbst) etwas beweisen. Aber ich gebe zu, seit dem Konzert im Sommer letzten Jahres mit Mahlers 1. Sinfonie unter der grandiosen Leitung von Joana Mallwitz in der Tonhalle, muss ich meine Meinung zu Mahler etwas revidieren, das ist wohl auch der Grund für diesen Konzertbesuch. Und wie sich das gelohnt hat! Also nun diese berühmte 2. Sinfonie von Gustav Mahler, die wohl zu den beliebtesten und meistgespieltesten seiner Sinfonien gehört und bei der er erstmals neben dem Orchester auch Sänger:innen und Chor auftreten lässt (auch wenn diese erst im letzten Drittel der fast 90 Minuten ihren Einsatz haben…). PAAVO JÄRVI, wohl gerade mitten im Mahler-Tonaufnahme-Fieber für die Gesamtausgabe der Mahler-Sinfonien mit dem Tonhalle Orchester dirigiert seine Musiker:innen wie immer mit Verve und Engagement. Bereits der Auftakt ist der absolute Hingucker, schon lange habe ich ihn nicht mehr so enthusiastisch in seinen Bewegungen erlebt, es ist immer wieder eine Freude ihm beim Dirigat frontal von vorne zu sehen, seine Begeisterung und wie er diese Musik „lebt“. Den Fokus bei mir zieht jedoch in diesem Konzert KLAUS SCHWÄRZLER bei den Schlagwerk-Helden in der letzten Reihe vor den Chorbänken. Wie er zwischen seinen Becken und dem Gong hin- und herspringt, aufgeregt und voller Elan und dann auch noch im späteren Verlauf zwischen den Chorherren Platz nimmt, um den Kollegen an den Kesselpauken zu unterstützen, das ist einfach toll und für mich immer wieder ein Erlebnis. Und es gibt so viele weitere wunderbare solistische Sequenzen in dieser Sinfonie, ich will nur diese ach so tollen Momente des 1. Konzertmeisters KLAIDI SAHATÇI an der Violine nennen oder diese wunderbar sauber gespielten Hörner zu Beginn des vierten „Urlicht“ -Satzes nach den absolut herrlich tönenden Worten der Mezzo-Sopranistin ANNA LUCIA RICHTER, was für eine Zäsur in dieser Musik, wie schön, plötzlich diese Stimme zu vernehmen! Gemeinsam mit MARI ERIKSMOEN (Sopran – und ich muss sagen, ich bin immer noch sehr begeistert von ihrer kürzlich gesehenen Mélisande am Grand Théâtre de Genève) und der ZÜRCHER SINGAKADEMIE unter der Leitung und grossartig einstudiert von FLORIAN HELGATH ist dies gesanglich auf sehr hohem Niveau, mich begeistert vor allem dieser doch schwierige Abschnitt im Schlusssatz, wenn Mezzo und Sopran sich gegenseitig leidenschaftlich in diesem Klopstock-Text zu übertrumpfen versuchen, das stimmt einfach wunderbar mit diesen beiden Sängerinnen, dazu der hervorragende Chor mit den subtil klingenden Bässen, ich muss sagen, dass mich das sehr begeistert hat und so ist es nicht verwunderlich, dass man nach diesem opulenten Klangrausch wie benommen einstimmt in diesen frenetischen Applaus und aufsteht – Standing Ovations (die mich ja meistens eher abturnen, weil in der Schweiz irgendwie inflationär). Ach, fast hätte ich es vergessen, sehr schön, fast schon ein wenig verwunschen sind die zarten Einsätze der Off-Stage-Musiker aus den Foyers, mal hier, mal da. Love it!

Was für ein Konzert, was für ein Rausch! Ich verlasse die Tonhalle, warte auf das Tram und ich bin überrascht, wie sehr mich diese Musik an diesem Abend nun doch begeistert, ich werde sicherlich kein grosser Mahler-Fan, aber ein kleiner wohl schon…..

What’s next auf meiner Konzert-Agenda? Ein Klavier-Rezital mit dem grossartigen Víkingur Ólafsson (Bach, Beethoven, Schubert).

Zuletzt besuchte Konzerte:

Mācelaru/Fröst: Clyne/Prokofiew – Tonhalle Zürich 24.10.2025

Estonian Festival Orchestra/Järvi/Midori/Aavik: Happy Birthday Arvo Pärt! – Tonhalle Zürich 19.10.2025

Järvi/Sidorova: Pärt/Kōrvits/Vasks/Mozart – Tonhalle Zürich 26.09.2025

Järvi/Gabetta: Adès/Schostakowitsch/Rachmaninow – Tonhalle Zürich 17.09.2025

Järvi/Thibaudet: Chatschaturjan/Sibelius – Tonhalle Zürich 12.06.2025

Swiss Orchestra/Lena-Lisa Wüstendorfer & Stephan Eicher – Tonhalle Zürich 01.06.2025

Rouvali/Cho: Prokofjew/Tschaikowsky – Tonhalle Zürich 11.05.2025

Sokhiev/Guzmann/BRSO: Boulanger/Tschaikowsky/Chausson – Isarphilharmonie München 11.04.2025

Ollikainen/Hardenberger: Wagner/Widmann/Thorvaldsdottir/Sibelius – Tonhalle Zürich 04.04.2025

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