Elias – Oper Zürich 17.06.2025

Hochsommerliche Temperaturen, die Theaterhäuser leeren sich immer mehr, so auch bei der gestrigen Vorstellung von „Elias“ in der Oper Zürich, die letzte Produktion von ANDREAS HOMOKI, einer szenischen Realisation der Oratoriums von Felix Mendelssohn Bartholdy. Oder interessiert diese Art von Musiktheater einfach niemanden? An der Besetzung kann es nicht liegen, die ist grandios!

Bereits bei der ersten gesungenen Phrase „So wahr der Herr, der Gott Israels lebet..“ ist klar und das war abzusehen – CHRISTIAN GERHAHER als Elias ist eine Wucht! Mächtig tönt sein voluminöser Bariton, voller Textverständlichkeit und klarer Diktion. Er ist der Dreh- und Angelpunkt des Werkes, dieser Inszenierung. In Zürich konnte man ihn die letzten Jahre mehrfach sehen und jede seiner Rolleninterpretationen war ein Highlight – Bergs „Wozzeck„, Verdis „Simon Boccanegra“ oder als Lenau in Heinz Holligers „Lunea„.
Elias ist der grösste Prophet des Judentums, da er die Ankunft des Messias ankündigt und so erschuf Mendelssohn mit diesem opernhaften Oratorium ein Werk mit einer immensen Bandbreite, musikalisch ist von sehr lyrischen Sequenzen (etwa bei den mehrstimmigen Verkündigungen der Engel) bis hin zu den dramatischen Chorsequenzen (unter anderem die beeindruckenden Anrufe des Baal) fast alles vertreten und genau das gibt diesem Werk diese plastische Lebendigkeit – das war auch Mendelssohns Wunsch, als er an seinen Textdichter Julius Schubring schrieb: „…in der Darstellung hätte ich’s gern so lebendig als möglich“. Während im ersten Teil ein eher kämpferischer Prophet zu vernehmen ist, vernimmt man dann im zweiten Teil die eher bittere Niederlage, am Ende seines Lebens jedoch fährt er mit feurigem Wagen dem Himmel entgegen und sein Werk wird vom nun angekündigten Messias weitergeführt werden. Ein Sympathieträger ist dieser Elias nicht, aber er gibt Zuversicht und Hoffnung. Wohl Grund genug von Homoki, sich mit diesem Werk zu verabschieden. Ziemlich schnell wird jedoch klar, dass dies nicht abendfüllend trägt und die permanent ab- und auftretenden Chormassen (CHOR- und ZUSATZCHOR der Oper Zürich plus STATISTERIE) langweilen irgendwann, auch ein sie immer schön arrangiert sind, man permanent versucht in den Aktionen einen tieferen Sinn zu sehen und spätestens zur Pause wünscht man sich, man wäre doch lieber in einer konzertanten Aufführung und könnte einfach auch mal mit geschlossenen Augen diese grossen Chorsequenzen geniessen und auf sich wirken lassen. Denn eins ist klar, neben Gerhaher sind diese bombastischen Chorsequenzen das Highlight dieser Produktion und für einmal muss man den Chor der Oper Zürich beglückwünschen zu dieser Leistung (ich erlebe ihn in anderen Produktionen häufig etwas schleppend und nicht auf den Punkt und einige der Chormitglieder spielen immer derart nervig in den Vordergrund…..).

Hervorragend einstudiert von ERNST RAFFELSBERGER und offensichtlich lustvoll szenisch erarbeitet von Homoki, der offensichtlich – im Vergleich zu manch anderem Regisseur – gerne mit Massen arbeitet und dies auch kann. Exzellent sind, neben Gerhaher, auch alle weiteren Rollen besetzt: JULIA KLEITER (Witwe/Sopran) und WIEBKE LEHMKUHL (Engel/Alt) mit ihren wunderbar geführten Stimmen und grosser Konzerterfahrung (Wiebke Lehmkuhl zuletzt in der Tonhalle 2019 in ebendieser Partie gehört unter Thomas Hengelbrock) und dazu MAURO PETER als Gegengewicht zu den wuchtigen Passagen mit vielen sehr schönen lyrischen Momenten, zudem FELIX GYGLI (Bass), RAÚL GUTIÉRREZ (Ahab/Tenor2), SYLWIA SALAMOŃSKA (Knabe), INDYANA SCHNEIDER (Königin/Alt2), FLAVIA STRICKER (Sopran2) und MAX BELL (Bass2). Auf absolut hohem Niveau und dynamisch wunderbar ausbalanciert mit den Chören und Solist:innen spielt die PHILHARMONIA ZÜRICH unter GMD GIANANDREA NOSEDA. Für meinen Geschmack hätte es eine szenische Umsetzung dieses Oratorium nicht gebraucht, für mich funktioniert das nicht wirklich, auch wenn im starken Setting von HARTMUT MEYER und in den Kostümen von MECHTHILD SEIPEL der Regisseur wohl alles herausgeholt hat, was machbar war. Und natürlich ist man sowieso bewegt und dankbar für diese spannende, vielseitige Intendanz, die nun zu Ende geht, die Oper Zürich für Alle geöffnet und in ein neues Zeitalter überführt hat.

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