Nach der ziemlich erfolgreichen Ära von ANDREAS HOMOKI als Intendant der Oper Zürich gab es heute die Pressekonferenz zur Veröffentlichung der ersten Saison des neuen Intendanten MATTHIAS SCHULZ ab der Spielzeit 2025/2026 – wie finde ich diese Vorschau…? Was macht Lust? Was löscht mich ab?
Gleich vorneweg – bereits im Vorfeld war durchgedrungen und konnte man im Netz schon lesen, dass ANNA NETREBKO wieder in Zürich singen wird, leider bewahrheitet sich das nun mit der heutigen Veröffentlichung des Saisonprogramms. Das hebt nun nicht gerade meine Stimmung. Das ist keine frohe Botschaft, denn ihre Nähe zum russischen Machtzentrum ist nicht widerlegt und in Zeiten eines Angriffskrieges durch Putin, müsste auch ein Intendant etwas politischer sein und nicht nur darauf bedacht, grosse Namen ans Haus zu holen, wobei man für die Rolle der Leonore in der Neuproduktion von „La Forza del Destino“ auch andere ebenbürtige Sängerinnen hätte haben können. Noch dazu, wo es sie und ihren Mann wohl wieder nur im Zweierpack gab. Hm. So viel schon mal dazu. Und sonst? Saisoneröffnung mit einem neuen „Rosenkavalier“, das sagt doch schon viel über die nächsten Jahre, auch wenn ich Strauss liebe und es natürlich grossartig ist, dass JOANA MALLWITZ am Pult steht und LYDIA STEIER inszeniert, Ausstattung von Gottfried Helnwein – finde ich interessant, wir werden sehen. Die Besetzung dazu passt jedenfalls und macht grosse Lust (DIANA DAMRAU/GÜNTHER GROISSBÖCK/ANGELA BOWER/BO SKOVUS…). Zweite Premiere dann die Netrebko-Sache – no more comment! – ich finde das boykottwürdig, ich hoffe sie sagt von sich aus ab, sonst dann eben wenn sie erkrankt, mit ihr will ich das nicht sehen. Ätzend finde ich diese Besetzung. Es folgt „Hänsel und Gretel“ in der Regie von THOM LUZ, grossartig, grosse Vorfreude! „Fledermaus“ in toller Besetzung und LORENZO VIOTTI am Pult, hurra! Regie führt ANNA BERNREITNER, deren „Liebe zu den 3 Orangen“ in St. Gallen ich eher durchwachsen fand, aber es hat sowieso viel zu wenig Frauen in den Kreativteams, also freuen wir uns auf Anna Bernreitner. Wir werden sehen. Es folgen Hindemiths „Cardillac“ (FABIO LUISI/KORNÉL MUNDRUCZÓ), „Monster’s Paradise“ von Olga Neuwirth (TITUS ENGEL und yeah!!!!!! TOBIAS KRATZER), „Giulio Cesare“ (GIANLUCA CAPUANO/DAVIDE LIVERMORE) und „Ari, Galatea e Polifemo“ (konzertant, PHILIPPE JAROUSSKY) von Händel, „Scylla et Glaucus“ von Leclair (mit der wunderbaren EMMANUELLE HAÍM am Pult und in der Inszenierung von CLAUS GUTH), „La Clemenza di Tito“ von Mozart (MARC MINKOWSKI/DAMIANO MICHIELETTO) – viel Barock und ja es gibt „Barock-Festspiele“ (mal etwas ganz Neues!), „Gianni Schicchi“ von Puccini, „La Damnation de Faust“ (konzertant) von Berlioz, „Tannhäuser“ von Wagner (TUGAN SOKHIEV/THORLEIFUR ARNARSSON, dessen Regie für „Tristan und Isolde“ in Bayreuth mehr als rätselhaft war…), ein paar experimentellere Sachen auf einer (neuen) Studiobühne, einem ehemaligen Pornokino in Oerlikon (das gefällt mir schon mal sehr gut!) und unzählige Wiederaufnahmen (ELINA GARANČA als Carmen! SONYA YONCHEVA als Tosca! JONAS KAUFMANN als Cavaradossi! Namen! Namen! Namen!), ein vollgepacktes Programm, das aber irgendwie nach mehr klingt, als es tatsächlich ist und stellenweise (uäh!) ein wenig an Alexander Pereira erinnert. Das Orchester der Oper Zürich kehrt zu seinem ursprünglichen Namen zurück – who cares, why? Beim neuen Logo bin ich noch etwas hin- und hergerissen, aber ich glaube es gefällt mir, es verkörpert das Alte und das Neue. Oder doch nicht? Gespannt bin ich auf den neuen Gesamtauftritt und die Sujets für die einzelnen Produktionen. Und „Oper für Alle“ dauert nun 3 Tage, wow, das ist mir egal, ist eh nicht mein Ding, am Sechseläutenplatz zu sitzen und auf die Leinwand zu starren (genausowenig wie Oper am TV). Es entsteht ein 80-köpfiges Kinderopernorchester in Zusammenarbeit mit den Musikschulen des Kantons Zürich. Aha. Interessiert wohl am meisten die Eltern der Kinder, mich nicht. Aber natürlich ist es wichtig, sich zu öffnen, neue Klientel anzusprechen, junge Menschen ins Haus zu holen, damit das Genre nicht komplett ausstirbt und verwaist, aber ob man das ausgerechnet mit der Netrebko schafft (ich kann es mir nicht verkneifen, diese Netrebko-Sache beschäftigt mich und wird wohl noch öfters zu lesen sein auf diesem Blog). Online auf Watson lese ich „Angst vor negativen Rückmeldungen aus der Zürcher Politik hat Schulz keine. «Ich bin überzeugt, dass Anna Netrebko diese Chance verdient hat», sagte er vor den Medien.“ Keine Angst vor der Politik hat er, na – das ist ja prima, aber eventuell findet das Publikum es keine so gute Idee und ist der Meinung, dass diese Frau auch diese Auftritte (so wie damals in den geplanten „Macbeth“-Vorstellungen 2022) wieder absagen sollte, wir wollen sie hier nicht haben, solange sie sich nicht klar und deutlich von Putin und dessen Politik distanziert. Da kann ihr Management zehnmal das Gegenteil behaupten. WIR bezahlen mit unseren Steuern dieses Haus. Ich liebe die Oper an sich, ich liebe diese altehrwürdige Dame und ich liebe „mein Opernhaus“ in Zürich, aber das gurkt mich gerade voll an, Herr Schulz. Ein ganz schlechter Einstand ist das.
Und sonst noch lesenswert? ARCIMBOLDIS COLUMN #42: RÜCKBLICK 2024 -OPER
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