Josephine W. Johnson – Die November Schwestern.

Puh. Was für ein Roman! Grossartige Literatur! Tief durchatmen! 1934 – also vor 90 Jahren erschienen: „Die November Schwestern“. Es ist der Debütroman der Autorin Josephine W. Johnson, die bis heute die jüngste Preisträgerin des Pulitzerpreises ist und diesen 1935 im Alter von 24 Jahren für dieses Werk erhielt…

Sofort entfaltet dieser grossartige Text seine Sogwirkung, nimmt gefangen. Das ist nicht nur ein Roman, das ist Poesie von aussergewöhnlicher Schönheit und Dichte. Das ist grossartige Literatur. Ich komme ins Schwärmen. Karges Leben, harte Arbeit, nur beeinflusst durch den Lauf der Jahreszeiten und dem permanenten Bangen um gutes Wetter. Kein Roman für zwischendurch, idealerweise nimmt man sich dafür Zeit und gibt sich dem Leben der Familie Haldmarne hin. Es lohnt sich, diesem kargen Leben zu folgen.

Die Anstellung eines jungen Mannes auf der elterlichen Farm bringt das Leben der drei Haldmarne-Schwestern durcheinander, das im fragilen Gleichgewicht der Jahreszeiten verläuft. Als dann der Regen ausbleibt und damit die Ernte im Herbst, wird der November zu einem Ende und zugleich zu einem Anfang. Nicht nur Margets Blick auf die älteste Schwester Kerrin verändert sich grundlegend, nachhaltig verändert ist ihr Blick auf das eigene Leben und die Chancen, die es zu ergreifen gilt. (Aufbau Verlag)

Man wird es einfach nicht los, dieses permanente Gefühl der Schwere, diese alles erdrückenden Not, die auf dieser Familie lastet und sich durch den kompletten Roman zieht. Es fehlt an allem, an Geld, an Regen, an Nahrungsmitteln, aber auch an Liebe, und netten Worten. Hoffnung ist genug vorhanden, Hoffnung auf ein besseres Leben, Hoffnung darauf, dass die Schulden abbezahlt werden können und man eines Tages ein sorgenfreies Leben hat. Es ist ein sich ewig drehendes Mühlrad, ein Abrackern, eine tägliche Mühsal und schnell wird klar, die Haldmarnes kommen nie auf einen grünen Zweig, diese ausweglose Situation wird sich nie verbessern. Es ist ein kein Platz für Liebe, kein Platz für Glück. Die Beschreibungen dieses schweren und hoffnungslosen Farmlebens sind bedrückend, weiss man doch, dass es kein guten Ende geben geben kann. Das belastet mich als Leser. Das ist traurig und bedrückend. Aber das ist auch die grosse Qualität dieses Romans. Wunderbar.

„Die November Schwestern“ von Josephine W. Johnson, 2023 (im Original 1934), Aufbau Verlag, ISBN: 978-3-351-03976-9 (Werbung)

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