Was für ein alter Schinken von 1973… – es ist ja in Ordnung, dass Inszenierungen die als „Klassiker“ gelten, über Jahrzehnte hinweg gezeigt werden. Immerhin geht es ja auch um die Verwendung von Steuergeldern. Oder um stilbildende Arbeiten. Aber Bitteschön, dieses olle Ding? Verstehen kann man das bei Franco Zeffirellis „Boheme“ an der MET oder dem alten „Rosenkavalier“ von Otto Schenk an der Bayrischen Staatsoper in München, aber was soll diese uralte „Madama Butterfly“ von Wolf Busse noch im Spielplan an einem Haus, was sich selbst immer gerne als Nummer Eins in Deutschland bezeichnet?…
Mit dem Bühnenbild kann man ja noch irgendwie leben, aber mit den Kostümen tut man sich bzw. den Künstlern nun wirklich keine Freude. Hier müsste man das Kostümbild zumindest soweit anpassen, dass eine Maria José Siri als Cio-Cio-San bei ihrem ersten Auftritt keine Heiterkeitsanfälle auslöst. Über die Inszenierung muss man kein weiteres Wort verlieren. Die aus Uruguay stammende Sopranistin Maria José Siri – die ihr Butterfly-Debüt 2016 zur Saisoneröffnung der Scala unter Riccardo Chailly gab – singt die lyrischen Passagen der Butterfly sehr schön, es fehlt ihr aber an Dramatik und Ausdruck. Alexey Dolgov ist ein interessanter, spröder Pinkerton, stimmlich ohne jeden tenoralen Samt, aber den erwartet man bei dieser Rolle nicht wirklich und das passt natürlich absolut zum – derzeit irritierenden – „America forever“ im 1. Akt. Matthew Grills gibt einen souveränen Goro, allerdings nervt seine schmierig klischiert schwule Interpretation des Kupplers (und ist so überflüssig!), Levente Molnàr ist ein toller und überzeugender Sharpless. Aus dem Graben tönt es forsch und voller Schwung, Daniele Callegari – im italienischen Repertoire sehr erfahren – stand an diesem Abend am Pult und liess zusammen mit dem Staatsorchester herrlichen unsentimentalen Puccini erklingen. Insgesamt gesehen, ein eher durchschnittlicher Abend für die Bayerische Staatsoper – sehr solide, aber nicht berauschend.
„Madama Butterfly“ von Giacomo Puccini (1858-1924).
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Münchens Dauerbrenner
1965: Engelbert Humperdinck: „Hänsel und Gretel“, Regie: Herbert List, Ausstattung: Herbert Kern
1969: Giacomo Puccini: „La Bohème“, Regie: Otto Schenk, Ausstattung: Rudolf Heinrich
1972: Richard Strauss: „Der Rosenkavalier“, Regie: Otto Schenk, Ausstattung: Jürgen Rose
1973: Puccini: „Madame Butterfly“, Spielleitung: Wolf Busse, Bühnenbild Otto Stich, Kostüme: Silvia Strahammer
1978: Wolfgang Amadeus Mozart: „Die Zauberflöte“, Regie: August Everding, Ausstattung: Jürgen Rose
1980: Rossini: „La Cenerentola“, Regie und Ausstattung: Jean Pierre Ponnelle
1989: Gioachino Rossini: „Il Barbiere di Siviglia”, Regie von Ferruccio Soleri, Bühnenbild von Carlo Tommasi, Kostüme von Ute Frühling.
(Quelle: http://www.merkur.de, Artikel von 2009)