Järvi/Sidorova: Pärt/Kõrvits/Vasks/Mozart – Tonhalle Zürich 26.09.2025

Was für ein tolles Konzertprogramm mit gleich drei Schweizer Erstaufführungen! Und als Solistin die wunderbare lettische Akkordeonistin KSENIJA SIDOROVA, die bereits 2019/20 Fokus-Künstlerin des Tonhalle Orchesters war und seitdem immer wieder einmal hier zu hören ist….

Ich bin immer sehr dankbar, wenn es nicht das übliche Konzert-Repertoire zu hören gibt und in dieser Saison 25/26 gibt es tatsächlich einige neue Komponist:innen und deren Werke im Programm des Tonhalle Orchesters zu entdecken – das finde ich ganz wunderbar. Es ist Musical Director PAAVO JÄRVI zu verdanken, dass wir sehr viel von Arvo Pärt zu hören bekommen, dessen Werke für mich immer wieder ein Konzerthighlight sind, vor allem seine kurzen Werke zum Konzertbeginn lassen mich durchatmen und ankommen. Diese Programmatik hat Järvi bereits bei seinem Antrittskonzert 2019 mit der Uraufführung der Neufassung von Pärts „Wenn Bach Bienen gezüchtet hätte…“ manifestiert und seitdem gibt es immer wieder dessen wunderbare Musik hören, so auch am 19. Oktober, wenn es mit dem „Estonian Festival Orchester“ unter Paavo Järvi und einem reinen Arvo Pärt – Programm quasi eine Hommage zu dessen 90. Geburtstag gibt – very looking forward! Nun aber zu diesem Konzert: Nach dem ruhigen „Silhouette“, einer Hommage an Gustav Eiffel für Streichorchester und Schlagzeug von Pärt, hören wir das Konzert für Akkordeon und Orchester des estnischen Komponisten Tõnu Kõrvits (kannte ich nicht – eine Entdeckung!) und sofort assoziiert man die Klänge mit Tänzen verschiedener Länder, fühlt sich versetzt in ferne Regionen, ohne diese wirklich einordnen zu können, nach dem Beginn mit einer reinen Geräuschkulisse aus dem Akkordeon folgen doch einige sehr melodiöse Momente, für mich ein idealer Moment loszulassen und sich ganz den Klängen hinzugeben, aber wirklich bewegt hat mich dann vor der Pause noch das relativ kurze Stück „The Fruit of Silence“ des lettischen Komponisten Peteris Vasks von 2013 (Arrangement 2024), welches Ksenija Sidorova und Paavo Järvi gewidmet ist. Diese Komposition, von einem Gedicht der heiliggesprochenen Ordensfrau Mutter Theresa inspiriert, hat so viel Tiefe und trotz eher kleiner Besetzung (Akkordeon, Vibraphon und Streicher) eine immense Klangvielfalt, die Järvi und Sidorova zelebrieren und uns mit auf diese kurze und sehr besinnliche Reise nehmen.

Und nun zu Hause, stelle ich fest, dass ich bereits 2016 bei einem Konzert in Strasbourg ein Werk von Vasks gehört habe und dies ebenfalls einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat (Vientulais engelis (lonely angel), Meditation für Violine und Streichorchester)…

Arvo Pärt: „Silhouette“ (Hommage à Gustave Eiffel) für Streichorchester und Schlagzeug (SE) – Tõnu Kõrvits: „Tantsud“ (Dances) Konzert für Akkordeon und Orchester (SE) – Peteris Vasks: „The Fruit of Sielende“ für Akkordeon, Vibraphon und Streichorchester (Arr. George Morton, SE) – Arvo Pärt: „Summa“ für Streichorchester – Wolfgang Amadeus Mozart: Sinfonie D-Dur KV 504 „Prager“

Nach der Pause dann ein weitere Auftakt mit einem Werk Arvo Pärts – „Summa“ für Streichorchester, ursprünglich A-Capella für einen Chor entstanden, nun in einer Version für Streicher nimmt uns ebenso mit in diese immer wieder wunderbaren Klangwelten Pärts, bevor es dann fast nahtlos weitergeht mit Mozarts „Prager“ Sinfonie, die es für mich nicht mehr gebraucht hätte, denn sie reisst mich heraus aus diesen sphärischen Klängen und katapultiert mich in eine komplett andere Zeit mit seinen heiter virtuos musizierten Klarinetten-, Flöten-, Fagott-Klängen, auch wenn gerade die „Prager“ Sinfonie stellenweise fast schon dämonische Anklänge bietet, wie man sie später etwa im „Don Giovanni“ findet. Prachtvoll spielt das Tonhalle Orchester in diesem eher spärlich besuchten Freitagabend-Konzert – ich hätte das Konzert lieber mit den Pärt’schen sphärischen Klängen statt dem tüdeligen Mozart im Ohr verlassen, aber die Vorfreude auf das nächste Konzert ist nun umso grösser….

What’s next auf meiner Konzert-Agenda? Estonian Festival Orchestra am 19. Oktober: Paavo Järvi gemeinsam mit Midori (Violine) und Hans Christian Aavik (Violine) – Werke von Arvo Pärt (u.a. die „Collage über B-A-C-H“ und „Tabula Rasa“….

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