Besser hätte mein letzter Konzertbesuch der Saison 24/25 für mich in der Tonhalle nicht sein können – zum ersten mal konnte man vom Tonhalle Orchester ARAM CHATSCHATURJANS fulminantes Klavierkonzert hören – was für ein Rausch! Eigentlich unvorstellbar, dass dieses Werk noch nie in der Tonhalle Zürich zu hören war. Der Abend klingt aus mit der wunderbaren Sinfonie Nr. 1 von JEAN SIBELIUS. Was für ein tolles Konzert…!
PAAVO JÄRVI am Pult und JEAN-YVES THIBAUDET interpretieren also diese absolut hörenswerte, impulsive Mischung aus Moderne, Spätromantik, armenischer Folklore (vor allem im 2. Satz), russischer Nationalmusik und Improvisation und eine singende Säge gibt es auch, ungewohnte Töne in diesem den Pianisten stark fordernden Werk mit vielen Sprüngen und unglaublichen Läufen. Thibaudet, von dem man in Zürich immer wieder spektakuläre Konzerte gehört hat (Klavierkonzerte von Gerswin oder Ravel) ist eine optimale Besetzung für dieses Konzert, erst im Frühjahr erschien von ihm eine Aufnahme dieses selten gespielten und wenig dokumentierten Werkes gemeinsam mit der Los Angeles Philharmonie unter Gustavo Dudamel. Nebst seiner Virtuosität schwingt auch immer ein Hauch Eleganz durch seine Interpretationen und im Zusammenspiel mit Järvi und dem Orchester ist er wirklich ein Glücksfall für dieses Konzert. Und nach diesen ersten aufwühlenden knapp 40 Minuten lässt uns Thibaudet mit seiner Zugabe, der „Pavane pour une enfante defúnte“ von Ravel wieder etwas runterfahren für die Pause, damit wir bereit sind für die wilden Wälder Finnlands.
Aram Chatschaturjan: Klavierkonzert Des-Dur – Encore Thibaudet: Maurice Ravel: Pavane pour une enfante defúnte – Jean Sibelius: Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39 – Encore Järvi/Tonhalle Orchester: Aram Chatschaturjan: Walzer aus „Masquerade“
Den zweiten Konzertteil eröffnet Järvi dann mit der wunderbaren ersten Sinfonie von Jean Sibelius, bei dessen Werken ich immer das Gefühl habe, die weiten Wälder Finnlands zu spüren oder vielleicht habe auch nur das Gefühl, dass dem eben so sein muss, bei diesem grossen finnischen Sinfoniker. Egal, die Musik von Sibelius ist immer von diesen weiten Flächen des Nordens und deren imposanter Natur inspiriert, dem kann man sich nicht entziehen. Was für ein Bombast, was für ein Rausch und dazwischen dann z.B. im 2. Satz diese sanften Klänge, die mich doch sehr an das Waldweben in Wagners „Siegfried“ erinnern, fast hat man das Gefühl, dass gleich das Waldvögelein in den Saal schwebt, dann wieder die tiefen Hörnerklänge, die natürlich stellenweise ebenfalls ziemlich wagnerisch sind, nur eben alles immer noch versetzt mit dieser wunderbaren dunklen Melancholie. Wunderbar schon der Beginn mit diesem elegischen Klarinettensolo über diesem äussert zarten Paukenteppich. Ein Werk voller Kontraste und sanft umspielten Wiederholungen, zuletzt das furiose, sehr bewegende Finale, das mich auch immer ein wenig an diese unglaublichen Apotheosen Tschaikowskys erinnert und zugegebenermassen fast zu Tränen rührt.

Aber das Konzert ist noch nicht zu Ende – Paavo Järvi und das wunderbar launig aufspielende Orchester (wohl in sommerlicher Vorfreude auf die beiden Open-Air-Konzerte am 13./14. Juni auf dem Münsterhof in Zürich – die Wetteraussichten sind ja bestens…) geben noch eine Zugabe mit Chatschaturjans „Walzer“ aus „Masquerade“ – hat man auch sofort im Ohr, es gibt von ihm also noch einiges mehr zu entdecken als das Gassenhauer-Adagio-Pas de deux aus seinem Ballett „Spartacus“. Für mich ein wunderbares Tonhalle-Saison-Finale zum Ende dieser Saison, BRAVI, DANKE!
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